Betrete ich morgens die Bäckerei, lächelt mir die Verkäuferin entgegen. "Wie immer?", fragt sie. Ich nicke, und während sie mein Croissant in die raschelnde Tüte schiebt, lobe ich ihre glitzernden Fingernägel oder sie erkundigt sich nach meinem magenkranken Hund. Unsere tägliche Plauderei reicht für fünf bis sechs Sätze, bis der nächste Kunde eintritt.
Manche halten derartige Unterhaltungen für oberflächlich und Zeitverschwendung. Das Wort "Bekanntschaft" hat für sie einen minderwertigen Klang. Sie sehen darin bloß lose, unverbindliche Kontakte zu Leuten, deren Namen sie teilweise nicht mal kennen. Für sie zählen nur tiefe, innige Beziehungen.
Doch gerade in Zeiten grassierender Einsamkeit ist diese Sichtweise bedauerlich. Denn wenn wir genau hinschauen, haben wir mit Bekannten deutlich häufiger zu tun als mit unseren allerbesten Freunden. Und nicht nur das: Es sind auch noch viel mehr!
Lesen Sie hier: Wie man Freundschaften findet und pflegt
Die Handvoll Menschen, die ich wahre Freunde nenne, sehe ich recht selten. Dass ich meinen Autoschlüssel verloren habe oder furchtbar unter Heuschnupfen leide, kriegen sie selten mit. Aber die Bäckereiverkäuferin weiß es und wird mich morgen danach fragen.
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Dieser Artikel spricht mir…
Dieser Artikel spricht mir aus dem Herzen!
Wie erfrischend ist es, auf dem Weg zum Einkaufen Nachbarn zu treffen und einen Smalltalk zu halten. Oder mit der Kassiererin im Supermarkt ein paar nette Worte zu wechseln.
Das tut dem Gegenüber gut - man selbst fühlt sich oft auch leichter.
Die kleinen Gespräche und Freundlichkeiten am Rande finde ich sehr wichtig.
In diesem Sinne: Danke für diesen Artikel und auch für die anderen Beiträge in chrismon.
Herzliche Grüsse aus Köln
Gisela Brandt
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