Neue Doku über Weltreligionen
Da geht noch mehr!
Eine Dokumentation von NTV RTL+ will am Osterwochenende über Geschichte und Glaubenssätze im Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus aufklären.
Filmszenen aus Dokumentation 'Weltreligionen'
Filmszenen aus der Dokumentation 'Weltreligionen' von ntv/RTL+
RTL
Lena Uphoff
26.03.2024
3Min

Juden achten strenge Speisevorschriften, Christen glauben an die Trinität, Muslimen ist der Prophet als Glaubensvorbild wichtig, Hindus heiligen Kühe und malen sich einen roten Punkt auf die Stirn und Buddhisten meditieren viel. Das hört sich vielleicht etwas klischeehaft an. Aber es ist das, was hängen bleibt, wenn man die NTV-Dokumentation "Weltreligionen" schaut, die als Osterhighlight am Karfreitag im linearen Fernsehen gezeigt wird und anschließend auf RTL+ zum Streamen bereitsteht.

Die Dokumentation hat es sich zur Aufgabe gemacht, die fünf "Weltreligionen", ihre Geschichte und ihre zentralen Glaubenssätze vorzustellen, wie es im Pressetext heißt. Ein Vorhaben, das in 83 Minuten leider nicht gelingt, vielleicht auch nicht gelingen kann. Denn Religionen sind keine starren Systeme, die sich einfach nacherzählen lassen. Sie lassen sich nicht betrachten wie Exponate im Museum. Die Macher der Dokumentation "Weltreligionen" erzählen daher nicht nur historische Tatsachen über die einzelnen Religionen, sondern lassen auch einen deutschsprachigen Anhänger jeder Religion zu Wort kommen. Ergänzt werden die historischen Berichte, die mit Schauspielern nachgespielt werden, und die Aussagen der religiösen Menschen durch zwei Experten, die Hintergrundwissen beisteuern.

Sympathisch aber einseitig

So wird das Christentum mit Hilfe einer pietistisch wirkenden jungen Frau erklärt, für die die Dreieinigkeit des christlichen Gottes zentral ist. Für das Judentum wurde eine junge orthodoxe Vertreterin ausgewählt, die erzählt, dass sie in Deutschland unfreiwillig Vegetarierin sei, da es zu wenig koscheres Essen gebe. Für den Islam kommt eine Ärztin mit bayerischem Zungenschlag zu Wort, für den Hinduismus ein freundlicher Mann, der offensichtlich mitten im Leben steht und Religion eher aus Tradition als aus tiefem Glauben betreibt. Für die Buddhisten spricht ein athletischer Mann, der wirkt, wie man sich einen Achtsamkeitslehrer vorstellt. Jeder der Protagonisten ist sympathisch, aber jeder steht natürlich für eine ganz bestimmte Seite der Religion, die er repräsentiert.

Das wäre nicht weiter schlimm, wenn der Erzähler aus dem Off und die Experten nicht die ganze Zeit den Eindruck vermitteln würden, die gezeigte Form der jeweiligen Religion sei nicht eine von unzähligen, sondern die eine, die es zu kennen gilt.

Lesen Sie hier, ob Yoga eigentlich auch eine Religion ist.

Leider verschärft die Auswahl der Experten den einseitigen Blick auf die Religionen noch. Thomas Lemmen, katholischer Theologe und Mitarbeiter des Erzbistums Köln, macht es leider nur schlimmer. Er tritt als Experte für Judentum, Christentum und Islam auf - was an sich schon schwierig ist. Als gäbe es in Deutschland keine jüdischen oder muslimischen Theologen. Wirklich problematisch wird es, wenn auch er die monotheistischen Religionen, über die er referiert, als klar abgrenzbare Größen betrachtet.

Gott und die Hölle

Verfälschend wird es gegen Ende der Doku, wenn Lemmen über die Hölle spricht. Hört man ihm zu, könnte man auf die Idee kommen, die Christen von heute lebten in der Denkwelt des Hochmittelalters. Die Hölle, das ist der Ort, an den die Menschen kommen, die Gott ablehnen, erklärt Lemmen. Aber Gott dürfe man dieses letztlich grausame Konzept nicht vorwerfen, denn er wolle eigentlich, dass alle Menschen sich zu ihm bekennen. Ein Konzept, das von Menschen erdacht wurde, wird hier also Gott zugeschrieben.

Lesen Sie hier, was Christen und Muslime gemeinsam haben.

Weitaus überzeugender tritt der Münchner Indologe Stefan Baums auf, der über Hinduismus und Buddhismus referiert. Er schafft es immer wieder, darauf hinzuweisen, dass die Dinge komplizierter sind, als es der Autor der Dokumentation gerne hätte. Wer Baums genau zuhört, versteht, dass das Wort "Religion" auf ein vielfältiges Phänomen verweist und es keineswegs klar ist, was damit gemeint ist. Diese Erkenntnis hat der Autor der Dokumentation aber leider in Halbsätzen versteckt, sodass der normal aufmerksame Fernsehzuschauer sie nicht entdecken wird.

Das alles könnte man noch als Ergebnis von Überforderung aufseiten der Filmemacher deuten, geschuldet dem hochkomplexen Thema Religion und dem vorgegebenen Format. Ratlos macht allerdings, dass die Dokumentation kein Wort über die Gewaltgeschichte der Religionen verliert. Wer nur diese Sendung kennt, könnte denken, die Weltreligionen seien zwar ein bisschen schräg, weil ihre Anhänger an abstrakte Ideen glauben und komischen Vorschriften folgen, aber eigentlich eine nette, harmlose Sache. Das mag wiederum einerseits so sein, aber alle fünf genannten Religionen haben dieser Welt auch viel Unheil gebracht und tun dies zum Teil bis heute. Darüber aber erfahren die Zuschauer nichts.

Infobox

Am 29. März um 20:15 Uhr läuft die Dokumentation "Weltreligionen" auf ntv. Die Dokumentation steht zudem als fünfteilige Reihe ab dem 29. März auch auf RTL+ zum Abruf bereit.

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Der Autor hat geschrieben: "Ratlos macht allerdings, dass die Dokumentation kein Wort über die Gewaltgeschichte der Religionen verliert." Diese Ratlosigkeit verwundert. Wesentliches Kennzeichen von Religion soll sein, dass "das Wort "Religion" auf ein vielfältiges Phänomen verweist und es keineswegs klar ist, was damit gemeint ist." Das ist gerade kein Aufruf, Klarheit und Wissen zu schaffen. Es ist die Vorbereitung dazu, jede Klarheit grundlos als eitlen Wahn zu diffamieren, der "dem hochkomplexen Thema Religion" nicht gerecht werden kann. Es ist ein Denkfehler, sicher zu sein, dass überhaupt nicht klar ist, welcher Fisch gemeint ist, aber trotzdem genau zu wissen, dass der Fisch so glitschig ist, dass er sich nicht fangen lassen wird.

Die christliche Standardapologetik zu diversen, dem Glauben geschuldeten Leichenbergen heißt kurz und bündig: Fehlentwicklung. Jesus hatte ganz was anderes gemeint. Ist bloß nicht ganz rübergekommen und irgendwie blöd gelaufen. Diese fromme Weise beherrschen die anderen Weltreligionen ohne Jesusbezug auch.

Ein paar Erkenntnisse wie diese zu den Religionen kann man durchaus gewinnen. Diese Erkenntnisse in Fernsehsendungen anlässlich der Feier des Hochfestes der Auferstehung des Herren zu erwarten, würde zeigen, dass irrtümliche Vorstellungen nicht nur bezüglich des Glaubens, sondern auch des Fernsehens in der modernen Gesellschaft zu beklagen sind.

Fritz Kurz

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Eine sehr gescheite Antwort. Bleibt nur noch die Frage ob es denkbar ist, das Individuen, egal ob Mensch. Tier oder Pflanze vollkommen ohne Gewalt bestehen können. Die Frage wird täglich beantwortet. Wenn selbst Gott sowohl im AT als auch im NT als zweiseitig beschrieben wird und er über die Trinität einen Suizid/Mord an seinen "Sohn" zulässt, ist jede Frage müssig. Auch ein unverständlicher Wortschwall kann daran nichts ändern. Eine Religion ohne Mord und Totschlag ist nicht vorstellbar.

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Alle Religionen sind Menschenwerk und was mich erstaunt, laut Wikipedia gibt es ca. 300 Millionen Götter und Göttinnen auf dieser einmaligen Welt und bis heute hat niemand irgend einen Gott gesehen oder mit ihm gesprochen. Auch seltsam, das niemand seine Eltern kennt. Also von wem wurden sie erschaffen? Aber wehe dem, der solche Fragen stellt! Ketzer ist nur eine Bezeichnung, Scheinheiligkeit entspricht der Wahrheit.