Folgt man dem australischen Archäologen Gregory Wightman, dann entstand die Religion mit dem Menschen. Wightman macht das an steinzeitlichen Kultobjekten fest: ornamentierten Muscheln, Pigmentresten von Zeichnungen, Begräbnisstätten. Sie halfen Menschen, ihrem Bedürfnis nach Sicherheit und Vertrautheit in ritualisierten Handlungen Ausdruck zu verleihen, unbekannte Gefahren abzuwehren, die Rangfolge in der Gruppe zu klären. An Ritualen bildeten sich Vorstellungswelten – auch die Ehrfurcht vor unsichtbaren Mächten, die den eigenen Einfluss überstiegen.
Religion stabilisierte zuerst den Clan. Später, in der Bronze- und Eisenzeit, sogar die Herrschaft von Eliten über ganze Städte und Völker. Mit den Nationalkulten entstanden Priesterkasten, Tempelbauten, schriftliche Überlieferungen von Heldensagen wie dem Gilgameschepos und Homers Gesängen von der Eroberung Trojas und Odysseus’ abenteuerlicher Heimkehr – und Mythen wie Hesiods Werk über die Entstehung der Götter.
Erst ab dem 6. vorchristlichen Jahrhundert bildeten sich Religionen heraus, wie wir sie kennen. Da konnten Menschen bereits auf alte schriftliche Überlieferungen zurückblicken und hatten sich in der Auseinandersetzung mit diesen Traditionen ein hohes Maß an Selbstreflexion erarbeitet.
Religionswissenschaftler sagen: Die Weltreligionen gehen auf Religionsgründer zurück, auf Buddha, Jesus, Mohammed.
Für die Ewigkeit
Gläubige sehen das etwas anders. Nicht erst Buddha, Jesus und Mohammed hätten ihre Botschaften erdacht. Was sie verkündigten, sei vielmehr ewig gültig, seit Anbeginn der Welt. Buddhisten sagen: Buddha habe das Mitgefühl mit anderen leidenden Lebewesen entdeckt, nicht erfunden. Christen sagen: Jesus habe mit seiner Liebe und Opferbereitschaft deutlich gemacht, wozu der Mensch erschaffen sei – weshalb die ersten Christen Jesus "Ebenbild des unsichtbaren Gottes" nannten (Kolosser 1) und in ihm das "Mensch gewordene Wort Gottes" erkannten (Johannes 1), das schon an der Schöpfung mitwirkte. Muslime sagen: Den Koran, der dem Propheten Mohammed offenbart worden sei, habe es schon von Anbeginn der Welt gegeben; es seien göttlich-poetische Worte der Rechtleitung für die weltweite Gemeinschaft derer, die sich fünfmal täglich vor dem Höchsten verneigen und einander im weißen Pilgerkleid von gleich zu gleich begegnen.
Heute mag das zeitlos Gültige der Weltreligionen, die Vision von persönlicher Reife und friedlichem und gerechtem Miteinander, schwer vermittelbar sein. Daran sind keinesfalls die Religionskritiker und Spötter schuld. Gläubige sollten sich jeder Kritik stellen. Und mitlachen, wo es witzig wird.
Fundamentalisten entstellen die Religionen
Es sind ihre selbst ernannten Wächter, die Religion wie etwas schlecht Ausgedachtes erscheinen lassen: fanatische Mönche, die gegen muslimische Rohingyas hetzen; bärtige Männer, die "Allahu akbar" schreien und unschuldige Menschen niedermachen; biedere Evangelikale, die einen egomanen Ex-Präsidenten verehren, weil er Fremde ausgegrenzt und konservative Richter ernannt hat. Sie alle entstellen bis zur Unkenntlichkeit, was sie angeblich beschützen wollen.
Ihnen gelten die Worte Nathans des Weisen. In seinem Theaterstück lässt Gotthold Ephraim Lessing seine jüdische Hauptfigur eine Parabel über den Wahrheitsanspruch der Religionen erzählen. Nathan erzählt von einem Ring, der vor Gott und den Menschen angenehm macht. Dieser Ring kommt in den Besitz eines Vaters von drei Söhnen, die er gleich gern hat. Um den Ring an alle vererben zu können, muss er zwei identische Nachbildungen anfertigen. Nun streiten die Söhne, wer den wahren Ring hat. Schließlich rät ein weiser Richter: Wenn der Ring die Kraft habe, vor Gott und den Menschen angenehm zu machen, dann möge doch ein jeder danach trachten, die Kraft des Rings an den Tag zu legen.
Niemand hat die Religion erfunden. Sie war da, seitdem es Menschen gibt. Und wenn die Weltreligionen wirklich Wissen in sich tragen, das überzeitlich ist und vor Gott und den Menschen angenehm macht – dann wäre es schön, wenn sich Menschen aller Religionen zusammentäten, um ihre Schätze gemeinsam zu heben.
Bewusstseinsentwicklung
Mit dem ersten geistigen Evolutionssprung (die "Vertreibung aus dem Paradies"), oder: "Als Mensch anfing seine Toten zu bestatten, wurde Mensch zum Mensch", hat Religion ihren Beginn.
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Eine unappettliche Frage
Allein schon die Frage zu stellen, ist der Anfang vom Ende einer jeden Religion. Der Mensch in Konkurrenz zu Gott? Die Frage impliziert, dass jede Religion von Menschen nach eigenen Zielen (auch bösen!) willkürlich gemacht worden sein könnte. Die Frage der Schöpfung ist eh schon mehr als das Gegenteil von sakrosankt. Mit der Frage, man sollte nicht jede stellen, werden Mauern gestürzt, die nicht wieder aufbaubar sind. Die Gedanken sind frei, freie Gedanken sind ohne Resonanz. Erst ihre öffentliche Formulierung und die Tat der freien Gedanken kann zum Verbrechen oder zum Guten führen. Eine Exegese des Lebens könnte den Tod aller Menschlichkeit bedeuten. Hände weg davon.
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Wohl bekomm's!
Lieber Herr Ockenga, bei Ihrer Frohen Botschaft läuft mir das Wasser im Munde zusammen! Man braucht nur die Frage zu stellen, wer die Religion erfunden hat und schon ist der Anfang vom Ende der Religion eingeläutet? Das wäre wirklich wunderbar, wenn das so einfach ginge. Ich fürchte, auch diese Frohe Botschaft hält nicht, was sie verspricht.
Ist die Religion übrigens eine Mauer, die bei geeigneter Fragestellung zusammenkracht? Vielleicht sollte man sich die Konstruktion dieser Mauer dann genauer ansehen.
Im Artikel finde ich bemerkenswert, dass ausgerechnet von "ornamentierten Muscheln" ausgehend gefolgert wird, dass da niemand was erfunden hat, sondern Religion einfach schon immer da war. Sollte man vielleicht mal die Muschel fragen, was die dazu meint.
Fritz Kurz
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Spiritualität / Geistiger Stillstand
"Religion stabilisierte zuerst den Clan."
Zuerst formte die Spiritualität des Menschen instinktive Bewusstseinsschwäche in Angst, Gewalt und "Individualbewusstsein".
Dann begann der Machtmissbrauch, der heute nun in wettbewerbsbedingter Symptomatik und immernoch geistigem Stillstand konfusioniert/gelebt wird, anstatt den Worten unserer philosophischen Führer entsprechend OHNE Konkurrenzdenken zur Vernunft "wie im Himmel all so auf Erden" Mensch zu werden.
Stabilisiert ist bis heute noch garnichts!
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Sehr geehrter Herr Weitz,
Sehr geehrter Herr Weitz,
der Beitrag: "Wer hat die Religion erfunden" ist interessant. Es sind aber etliche Mängel darin:
Mosche ist als Lehrer und Gründerfigur des Judentums nicht genannt. Selbst, wenn die Exegese Schwierigkeiten mit einer historisch greifbaren Person hat, so darf doch die Wirkungsgeschichte nicht vergessen werden. Christentum und Islam sind ohne die Bibel nicht zu verstehen.
Mit Buddha endet der Horizont. Ostasien (China als Hochkultur) und die dort üblichen Religionen haben Sie nicht erwähnt. China kennt ursprünglich keine Erlösungsreligion (vgl. W. Bauer, Geschichte der chines. Philosophie). Für das Verständnis von Religiosität sollte der Begriff Erlösung als eine besondere Form von Religion nicht vergessen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Duell
Göttingen
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Sehr geehrte Damen und
Sehr geehrte Damen und Herren!
Wenn man über vierzig Jahre Grundschulkinder im Religionsunterricht erlebt hat, interessiert einen diese Frage wohl ganz besonders. Ich hätte nie gedacht, wie sehr dieses „Schulfach“ die Kleinen begeistern kann. So fragte mich einmal ein Zweitklässler: „Wann kommst du mal wieder in unsere Klasse und erzählst uns von dem tollen Mann?“ Er meinte Jesus, der die Menschen liebt, ihnen sagt, was gut und böse ist und wie man friedlich miteinander umgeht. Wir sollten vielleicht häufiger auf unsere Kinder hören, deren originäre Bedürfnisse ernster nehmen und vielleicht auch unser Verhalten etwas mehr danach ausrichten: „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder,“ lehrt uns Jesus „könnt ihr nicht in das Himmelreich eingehen.“
Mit freundlichen Grüßen
und guten Wünschen für Ihre Gesundheit
in Zeiten von Corona
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Sehr geehrte Damen und Herren
Sehr geehrte Damen und Herren,
was für ein richtig guter Artikel in der neuesten Chrismon von 10.2021 Auf den Seiten 30/31 !!
Auf 30/ die Buch-Anordnung etwas wie Stonehenge und dann der Text von Burkhard Weitz.
Aus meiner Sicht: wunderbar klar und kurz zusammengefasst, was uns als Weltgemeinschaft als Fundament tragen könnte, für alle Menschen gemeinsam. Herzlichen Dank und Grüße von
Elke Brandes
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"Frommer" Wunschtraum
Die Vorstellung alle Religionen würden zusammen ihre "Schätze heben" kann nur als ein "frommer Wunschtraum" bezeichnet werden, der mehr von einem humanistischen Ideal geprägt ist als von der Realität.
Der in Text gemachte Vergleich von radikalen Buddhisten und Muslime, die Menschen wegen ihres Glaubens töten auf der einen Seite und "radikale Evangelikale" auf der anderen Seite, die einen amerikanischen Präsident verehren, der die Grenzen schützen wollte und als einer der wenigen US Staatsmänner keinen neuen Krieg anfing, lässt an der Realitätswahrnehmung des Autors ernsthafte Zweifel aufkommen.
Die Unterschiede der Dogmen der Religionen sind so groß, dass sie sich diametral widersprechen.
Eine Synthese ist unmöglich.
Es ist eine Entscheidung gefragt:
"Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm."
Johannes 3:36
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Frömmigkeit
Um Glaube und Gebet zu verstehen, brauchen wir im Grunde nur diese kleine Geschichte der Bibel: Matthäus 21,18-22 "Der verdorrte Feigenbaum", da steckt alles drin, was Mensch als Ganzes bedeutet, bzw. ab wann unsere Vernunftbegabung zu ebenbildlich-gottgefälliger Vernunft und verantwortungsbewusster Wirksamkeit im Freien Willen wird - Dann wird der geistige Stillstand seit unserem ersten und bisher einzigen geistigen Evolutionssprung ("Vertreibung aus dem Paradies") die ganze Kraft des Geistes in Mensch entfalten.
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Friedefürsten unter sich
Erfreulich klar äußern sich nicht nur die Taliban, sondern auch eine Fraktion engagierter Christen zu der Frage, was mit Falsch- und Ungläubigen passiert: Ab in die Hölle, wo der Zorn Gottes voll zuschlägt!
Bei so viel göttlicher Friedensliebe will auch der friedliebende Expräsident Trump sich nicht lumpen lassen. Er fängt doch glatt keinen größeren neuen Krieg an, sondern führt nur den weltweiten Krieg gegen den Terrorismus samt Unterstützung diverser (Bürger)kriegsparteien fort.
Und Grenzschützer sind auch beide. Der Gottessohn achtet darauf, dass die Grenze zwischen Gläubigen und Ungläubigen nicht missachtet wird. Trump hat die Grenze zu Mexiko auf Vordermann bringen lassen. Da sollte man doch des Staatsmannes Ulbricht gedenken, der auch was gegen illegale Grenzübertritte hatte und den antifaschistischen Schutzwall, besser bekannt als Stacheldraht und Mauer, hat bauen lassen.
Also schlage ich das Trio Trump, Jesus und Ulbricht für den Friedensnobelpreis vor. Ach, der geht nur an Lebende? Da fliegt also der Spitzbart mit Brille raus. Aber Herr Trump und derjenige, der zur Rechten Gottes sitzt, sind lebendig genug.
Fritz Kurz
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