Eine große Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag hat sich dafür ausgesprochen, auch schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Sie sind einer von sieben Abgeordneten, die sich enthalten haben. Aus Ihrer Fraktion, der FDP, waren Sie sogar der Einzige. Ihren Entschluss haben Sie mit Ihren christlichen Überzeugungen begründet. Was bedeutet das genau?
Ingo Bodtke: Ich saß im Parlament und wollte eigentlich mit Ja stimmen. Aber am Ende der Debatte legte sich mir eine Frage aufs Herz - ja, so würde ich es sagen.
Das heißt?
Ich habe mich gefragt: Kannst du hier mit Ja stimmen, wenn das, was wir entscheiden, bei Putin die rote Linie überschreitet und wir in einen Atomkrieg geraten? Das Problem, das wir alle haben, ist doch: Diese rote Linie gibt es nur in Putins Kopf, wir wissen nicht, wie er denkt. Ich konnte meine Frage leider nicht mit Ja beantworten. Vor der Abstimmung blieb ich noch eine Weile mit einem Kollegen sitzen, wir kamen noch mal zwei, drei Minuten ins Gespräch. Und ich hörte mich sagen: Eigentlich kann ich dem Antrag nicht zustimmen. Es gibt Abstimmungen, die frei sind, bei der Impfpflicht war es so. Oder bei Fragen zur Organspende oder der Sterbehilfe. Aber diese Abstimmung war nicht frei. In der FDP, einer liberalen Partei, gibt es keinen wirklichen Fraktionszwang. Wohl aber die Bitte, vorher Bescheid zu geben, wenn wir von der Mehrheitsmeinung der Fraktion abzuweichen.
Ingo Bodtke
Nils Husmann
Und das haben Sie nicht gemacht?
Mein Problem war: Ich habe mich nicht in der Fraktionssitzung vor der Abstimmung, sondern erst in der Debatte im Bundestag entschieden, mich zu enthalten. Aber ich habe dann beschlossen: Ich bin als Parlamentarier frei in meiner Entscheidung, nur meinem Gewissen verpflichtet, dann stehe ich dafür auch gerade. Eine gewisse Lebenserfahrung hilft dabei sicher, jüngere Abgeordnete hätten diesen Entschluss vielleicht so nicht getroffen.
"Ja oder Nein? - Manchmal ist beides schlimm"
Warum haben Sie nicht mit Nein gestimmt, sondern sich Ihrer Stimme enthalten?
Ich bin neu im Bundestag, aber im Kreistag bin ich schon lange. Und ich stimme Ihnen zu: Ich habe eigentlich wenig Verständnis für Enthaltungen, man muss sich eine klare Meinung bilden. Aber über den Entschließungsantrag über die Lieferung schwerer Waffen abzustimmen, war einer der wenigen Momente in meinem Leben, in denen ich ein Dilemma spürte: Wir müssen der Ukraine helfen, sie ist überfallen worden. Aber wenn wir ihnen so helfen, wie es der Antrag vorsieht, kann das eine rote Linie überschreiten und einen Atomkrieg auslösen. Das war ein Schlüsselmoment: Ja, es gibt im Leben Situationen und auch gute Gründe, sich nicht zu entscheiden. Und ich habe im Bundestag jetzt, mit 57 Jahren, eine Lebenserfahrung gemacht: Ja oder Nein? - Manchmal ist beides schlimm.
Hat ein bestimmter Redebeitrag Eindruck auf Sie gemacht?
Nein, es war wirklich diese innere Frage: Kannst du dem zustimmen? Die Debatten im Parlament gehören für uns Abgeordnete auch zu den wenigen Situationen, in denen wir zur Ruhe kommen. Unser Alltag ist eng getaktet. Viele Leute glauben, es gehört nichts dazu, Parlamentarier zu sein. Aber das stimmt nicht. Der Bundestag ist ein Arbeitsparlament, vor allem in den Ausschüssen geht es um Details, um Fachwissen. Ich bin im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft und im Petitionsausschuss, meine Fraktion folgt mir in aller Regel, wenn ich ihr empfehle, einem Gesetz zuzustimmen. Und umgekehrt orientiere ich mich auch am Fachwissen meiner Kolleginnen und Kollegen, die in den Ausschüssen zur Außen- und Sicherheitspolitik mitwirken. Ich habe mich auch bei der Fraktion entschuldigt, aber da war eben diese Frage: Kannst du noch in den Spiegel gucken, wenn du zustimmst?
Gab es Ärger?
Es gab großes Verständnis, auch aus anderen Fraktionen. Manche haben gesagt: "Ingo, ich fühle auch so, aber habe mich nicht getraut, mich zu enthalten." Gerade Jüngere, die eine Karriere vor sich haben, berichten das. Die Fraktionsspitze hat nur die Bitte, dass ich nächstes Mal vorher Bescheid gebe. Damit war es dann auch gut.
Sie sind in der Lutherstadt Eisleben geboren, Ihr Wahlkreis Mansfeld liegt in Sachsen-Anhalt. Denken die Menschen im Osten anders über die russische Invasion als in Westdeutschland?
Ja, das liegt an der jahrzehntelangen Prägung und der deutsch-sowjetischen Freundschaft, die in der DDR gepredigt wurde. Heute Vormittag hatte ich wieder so ein Gespräch, in dem mir jemand sagte, man müsse Putin verstehen, eigentlich sei der Amerikaner schuld. Aber es ist doch kein Amerikaner in die Ukraine einmarschiert, die Russen bringen in der Ukraine Zivilisten um! Die Schuldfrage bei diesem Krieg ist klar.
"Wir reden über einen Mann, in dessen Kopf niemand schauen kann"
Dann hätten Sie auch mit Ja stimmen können.
Das ist korrekt. Aber wir haben es mit einer Atommacht zu tun. Wo ist die Grenze? Es ist sehr schwierig. Wenn Russland die Ukraine einkassieren kann, wird es vielleicht irgendwann auch die baltischen Länder haben wollen. Dann haben wir auch den Dritten Weltkrieg. Wir reden über einen einzelnen Mann, in dessen Kopf niemand schauen kann. Als Christ habe ich auch noch einen anderen Blickwinkel.
Welchen meinen Sie?
Es gibt neben der sichtbaren Welt auch eine unsichtbare. Der Tod ist nicht das Ende. Wenn unsere Politik einen Atomkrieg auslöst und wir sterben, sehen wir uns wieder auf der anderen Seite. Und dort fragen mich Leute: Warum hast du auch so entschieden? Ich gehe deshalb noch sorgsamer mit solchen Entscheidungen um.
Gibt es noch andere Beweggründe aus Ihrem Glauben heraus? Etwa zu sagen: Du sollst nicht töten, durch Waffen kommen aber Menschen zu Tode, also stimme ich nicht zu?
Nein, das wäre ein nachträglich vorgeschobener Grund. Aber die Frage zeigt das Dilemma auf: Gebe ich der einen Seite keine Waffen, auch wenn ich weiß, dass die andere Seite welche hat? Welches Leben ist mehr wert - das des russischen Wehrpflichtigen, der nie glaubte, in einen echten Krieg zu geraten? Oder das des ukrainischen Kindes? Grundsätzlich müssen wir denen helfen, die am wenigsten für die Situation können. Für mich bestand die Frage aber eher darin: Wann ist die Gefahr größer, dass noch mehr Menschen getötet werden? So hart das klingt. – Es ist schwierig. Ich war früher, als ich in der Armee war, froh, dass ich keine Waffen anfassen musste.
Sie waren in der NVA?
Ja, zu DDR-Zeiten. Ich habe nicht verweigert, was ich damals im Gebet versuchte, für mich zu klären. Das war schwierig. Aber es zeigte sich, dass es fast immer Wege gibt. Bei der NVA wollten Sie wissen, welchen Beruf ich gelernt habe. Ich bin Fleischer von Beruf - also bin ich in der Küche gelandet und musste nicht schießen.
Die Themen Ernährung und Landwirtschaft begleiten Sie bis heute. Was bedeutet der Krieg aus Ihrer Perspektive als Fachabgeordneter für Ihr Kerngebiet? Nahrungsmittel werden immer teurer.
Ich bin in meiner Fraktion Berichterstatter für Tierwohl, Ernährung und internationale Zusammenarbeit und habe große Sorge. Ein großer Teil des Getreides, das die Menschen in Ägypten verwerten, kommt bisher aus der Ukraine. In anderen Ländern ist es ähnlich. Zehn Prozent des Weltweizens kommen aus der Ukraine, weitere 20 Prozent aus Russland. Diese 30 Prozent gehen nicht in den Export. Das Getreide fehlt vorrangig in Afrika. Ich schätze, dass wir Zuwanderung aus Afrika bekommen, weil die Menschen schlicht nicht verhungern wollen. Und ich bezweifle, dass wir all das umsetzen können, was wir unter ganz anderen Voraussetzungen im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Wir stehen nun erst mal in der Verantwortung, unseren Teil zur Welternährung beizutragen.
Vorsehung oder gottgefällige Überwindung
Dieser Mensch ist entweder ein Heuchler, oder ein Dummkopf, denn es geht immer um Menschenleben, egal ob Atommacht oder nicht, deshalb gibt es bei Waffenlieferungen ganz klar nur ein NEIN.
Wie bei allen Konflikten unseres "Zusammenlebens" in wettbewerbsbedingter Symptomatik, kann es nur eine Lösung geben: Friedensverhandlungen mit dem Ziel eines Gemeinschaftseigentums und Bewusstseinsentwicklung von Vernunftbegabung zu wirklich-wahrhaftigem Verantwortungsbewusstsein OHNE wettbewerbsbedingte Symptomatik "wie im Himmel all so auf Erden", in diesem Fall besonders mit allen Ländern dieses Planeten.
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Wodka für Alle.
Konvusius kann nicht besser argumentieren. Vorschlag zur Problemlösung und Weltverbesserung. Bitte mit einem Eimer Wasser dikutieren und verhandeln. Sie erfahren zwar nichts Neues, gewinnen aber an Erfahrung und werden nass. Er klopft mit dem Gewehrkolben an ihrer Tür. Ich will ihre schöne Tochter. Verhandlungsergebnis der Mutter. Der "Klopfer" bekommt die Tochter und alles Geld. Dafür bleibt die Mutter am Leben. Bei Gegenwehr verliert sie alles. Wer das dann immer noch nicht begreifen will, ab ins Wodkaland .
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