Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar suchte Sarah Münch nach Stimmen aus der Ukraine – für den Blog des Gustav-Adolf-Werkes, aber auch für chrismon. Einer ihrer Kontakte erinnert sich an Nikita, Mitglied einer Jugendgruppe der evangelischen Gemeinde. Sarah Münch gelingt es, Videotelefonate mit ihm zu führen. Nikita erzählt: "Ich habe vor einigen Jahren angefangen, Bilder zu machen und mir das künstlerische Fotografieren nach und nach selbst beigebracht. Das ist meine Form, mit den gesellschaftlichen Entwicklungen hier in der Ostukraine umzugehen." Jetzt, im Krieg, fotografiert er mit seinem iPhone. Warum? "So kann ich authentische Fotos machen, weil mich niemand bemerkt."
"Ich mag Kinder und kümmere mich gern um sie. Besonders traurig macht mich ihre Angst, wenn sie fragen: ‚Warum wird geschossen? Was ist los?‘"
Nikita Zhadan
"Wir konnten uns nicht vorstellen, dass so etwas passieren könnte, es erscheint absurd und das Leben jetzt wie ein beängstigender Halbtraum."
Nikita Zhadan
Die Bilder zeigen die Zerstörung. Nikita Zhadan berichtet, es sei in der Nacht vom 7. auf den 8. März von 21 Uhr bis 1 Uhr schwer geschossen worden. Das Hauptziel sei ein Fernsehturm gewesen. "Aber auch Wohnhäuser wurden gezielt bombardiert."
Nikita spricht einen Mann an, der mit seinem Hund unterwegs ist. Als er mit seiner Familie zu Hause beim Abendessen war, traf eine Rakete das Haus. Seine Tochter, 18 Jahre alt, sei von einem Schrapnell am Kopf getroffen worden. Ihre Prognose? "Nicht gut."
Nikita, ein russischsprachiger Ukrainer, geht nicht in den Keller, wenn Bomben fallen. Dort hält er es nicht aus. Schutz sucht er im Flur der Wohnung, der hat tragende Wände. Sarah Münch fragt ihn, wofür wir beten können? Seine Antwort: "Wir wünschen uns Frieden. Ich wünsche mir, dass die Menschen sich nicht mehr gegenseitig umbringen und wieder friedvoll miteinander leben." Je länger der Krieg dauert, desto verzweifelter wird Nikita Zhadan. Er will in Charkiw bleiben, aber eine Partnergemeinde des Gustav-Adolf-Werkes würde ihn aufnehmen, sie liegt in einer ruhigeren Region der Ukraine, dort wäre der Krieg weiter weg. Vielleicht schafft er es mit einem Evakuierungszug raus aus der umkämpften Stadt.
Nikita Zhadan
chrismon ist über das Gustav-Adolf-Werk (GAW) mit Nikita Zhadan in Kontakt gekommen. Das GAW unterstützt Partnerkirchen in der Ukraine und Geflüchtete in Nachbarstädten. Dafür sind Spenden erwünscht. Wir berichten darüber in unserem aktuellen Projekt.