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„Rad fahrende Veganer essen den Elektro-SUV-Fahrern den Strom weg“
Daniel Bannasch tourt seit Jahren durch Deutschland und sagt: Bis 2030 können wir die Energieautonomie erreichen, die uns von Energieimporten unabhängig macht - und damit auch von russischem Gas. Dass wir auf diesem Weg noch nicht weiter sind, führt er auch auf die Macht von Lobbyisten zurück.
Tim Wegner
11.03.2022

Herr Bannasch, seit Jahren werben Sie in Ihrem Vortrag "Die Energiewende auf dem Bierdeckel" für eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien bis 2030. Geht es Ihnen um Strom oder um die gesamte Energie?

Daniel Bannasch: Mir geht es um den gesamten Energiebedarf. Strom macht davon derzeit nur ein Fünftel aus. Es geht um Wärme, Mobilität, die Industrieproduktion – also um die gesamte Energie, mit der wir umgehen, wenn wir heizen, Autofahren, den Computer einschalten …

In Deutschland benötigen wir rund 2.500 Terawattstunden an Endenergie, jedes Jahr, wobei "Tera" für Billion steht – es geht also um unglaublich viel Energie. Im Jahr 2020 wurde weniger als ein Fünftel des deutschen Endenergieverbrauchs mit erneuerbaren Energien gedeckt. Wie wollen Sie in weniger als acht Jahren auf 100 Prozent kommen?

2.500 Terawattstunden – das können wir uns nur schwer vorstellen. Deshalb helfen Zahlen und Vergleiche, die besser greifbar sind. Zum Beispiel: Die Menge an Energie, die wir auf einen Quadratkilometer an solarer Strahlung bekommen, beträgt in Deutschland pro Jahr ungefähr eine Terawattstunde. Das heißt, auf eine Fläche von 2.500 Quadratkilometern trifft die Menge an Energie, die unserem jährlichen Bedarf an Endenergie entspricht. Diese Energie kann man nicht 1:1 ohne Verluste ernten. Aber wir haben in Deutschland ja auch nicht nur 50 mal 50 Kilometer, also 2.500 Quadratkilometer, sondern fast 600 mal 600 Kilometer an Fläche zur Verfügung - und damit rund 360.000 Quadratkilometer. Und wenn man berücksichtigt, dass wir im Prinzip die komplette Oberfläche von Gebäuden nutzen können, um Energie zu gewinnen, ist die Fläche noch einmal deutlich größer. Ein anderer Vergleich: Auf einen Quadratmeter schickt die Sonne 1.000 Kilowattstunden im Jahr, das entspricht in etwa dem Energieinhalt von 100 Litern Öl. Mit heutiger Photovoltaiktechnik kann man ungefähr 20 Prozent der jährlich eingestrahlten Solarenergie in Strom umwandeln. Und mit dem Strom, den man so auf einem Quadratmeter ernten kann - das sind rund 200 Kilowattstunden - kann man im Jahr 1.000 Kilometer elektrisch Auto fahren. Das ist doch ganz schön, oder?

Was wollen Sie mit Ihren Vergleichen zeigen?

Wir müssen verstehen, dass Aussagen wie "Wir können uns in Deutschland nicht mit 100 Prozent erneuerbarer Energie versorgen" schlicht falsch sind. Allein mit der Photovoltaik könnten wir den gesamten Energiebedarf abdecken. Dazu kommt, dass die benötigte Endenergie in Zukunft möglicherweise niedriger sein wird als heute.

Joerg Kropp

Daniel Bannasch

Daniel Bannasch ist Volkswirt und geschäftsführender Vorstand von MetropolSolar, einem bundesweiten Netzwerk für erneuerbare Energien mit rund 350 Mitgliedern in Deutschland. Seinen Vortrag "Die Energiewende auf dem Bierdeckel" hat er weit über 100 Mal gehalten. MetropolSolar hat das Buch "Saubere Revolution 2030" von Tony Seba übersetzt und ein "SolarStrategie"-Papier veröffentlicht.
Tim Wegner

Nils Husmann

Nils Husmann ist Redakteur und interessiert sich besonders für die Themen Umwelt, Klimakrise und Energiewende. Er studierte Politikwissenschaft und Journalistik an der Uni Leipzig und in Växjö, Schweden. Nach dem Volontariat 2003 bis 2005 bei der "Leipziger Volkszeitung" kam er zu chrismon.

Warum?

Wir steigen auf Elektromobilität um und ersetzen Öl- und Gasheizungen durch Wärmepumpen- und Infrarotlösungen. Dadurch benötigen wir weniger Energie. Der Verbrauch könnte so von 2.500 auf rund 1.500 Terawattstunden sinken. Wie es am Ende genau aussieht und welcher Mehrbedarf möglicherweise aufgrund neuer Energieanwendungen dazukommt, lässt sich heute natürlich nicht mit Sicherheit vorhersagen.

"Wir müssen den gesamten Energiebedarf betrachten, nicht nur die Stromgewinnung."

Peter Altmaier, der Vorgänger von Robert Habeck im Bundeswirtschaftsministerium, hat die Prognose für den Stromverbrauch im vorigen Sommer nach oben korrigiert. Sie sagen, wir werden Energie sparen. Wie passt das zusammen?

Man muss für die vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien den gesamten Energiebedarf betrachten, nicht nur die Stromgewinnung – und man muss zwischen Primärenergie und Endenergie unterscheiden! Noch sind Atom- und Kohlekraftwerke am Netz. Die Energierohstoffe, die dort eingesetzt werden, werden nicht 1:1 in Strom umgewandelt, sondern gehen zu einem beachtlichen Teil als Abwärme ungenutzt in die Luft oder heizen Flüsse auf. Wenn wir auf Wind- und Sonnenenergie umstellen, fällt ein großer Teil dieser Umwandlungsverluste innerhalb der Energiekette auf dem Weg von der Primär- zur nutzbaren Endenergie weg. Ein weiteres Beispiel: Wenn wir ein Auto mit Verbrennungsmotor fahren, bei dem auch der größte Teil der Energie gar nicht in die Fortbewegung, sondern in Abwärme umgesetzt wird, sieht es auf den ersten Blick so aus, als würde der Pkw nur sechs oder acht Liter Diesel oder Benzin an Energie benötigen, um 100 Kilometer weit zu kommen. Aber diese Zahl täuscht.

Weil?

Wenn wir tanken, liegt ja kein Ölfeld unter der Tankstelle. Öl muss erst gefördert, in Tankschiffen transportiert, in Raffinerien verarbeitet und von dort aus noch mal transportiert werden. Wenn ich das berücksichtige, komme ich nach einer bereits vor einigen Jahren veröffentlichten Studie auf eine zusätzliche Energiemenge, die gut vier Litern Diesel entspricht.

Und das bedeutet?

Dass ich noch mal vier Liter an Diesel brauche, um sechs Liter Diesel an der Tankstelle überhaupt erst einmal verfügbar zu machen. Sechs Liter plus vier Liter sind zehn Liter – das entspricht einer Energiemenge von 100 Kilowattstunden, die ich einsetzen muss, um 100 Kilometer mit einem sparsamen Verbrenner zu fahren. Wenn ich mit solarelektrischem Strom den Akku eines Elektroautos lade, komme ich mit einem sehr sparsamen Modell, mit dem ich dann auch sehr sparsam fahre, mit zehn Kilowattstunden 100 Kilometer weit. Wenn es ein ineffizienteres E-Auto ist oder ich schnell fahre, können es auch 20 oder 30 Kilowattstunden werden. Aber der Unterschied ist enorm. Es ist energietechnisch sogar sinnvoller, solarelektrisch im Auto unterwegs zu sein, als als Veganer 100 Kilometer mit dem Rad zu fahren.

"Rad fahrende Veganer essen den Elektro-SUV-Fahrern den Strom weg."

Das müssen Sie erklären!

Ach, das ist eine Rechenspielerei: Wie viel Energie verbraucht ein Veganer über den Grundumsatz seines Körpers hinaus, um 100 Kilometer Rad fahren zu können? Die Antwort: Man benötigt einen Quadratmeter Fläche im Jahr, um die Pflanzen anzubauen, die dafür erforderlich sind. Mit Photovoltaik kann ich auf der gleichen Fläche so viel Strom ernten, dass ich damit 1.000 Kilometer im Jahr fahren kann. Es gibt also aus dem Blickwinkel Energieeffizienz keinen Grund dafür, dass ein Rad fahrender Veganer mit dem Finger auf einen Elektro-SUV-Fahrer zeigt. Oder anders: Rad fahrende Veganer essen den Elektro-SUV-Fahrern den Strom weg (lacht). Ich weiß natürlich, dass Rad fahren viele Vorteile hat, vegane Ernährung auch. Und mit Agrarphotovoltaik ist eine Doppelnutzung der Flächen möglich. Aber so eine Spielerei hilft, um neu und unvoreingenommen auf das Thema zu blicken. Beim Radfahren verbindet sich die schlechte Effizienz der Photosynthese mit der schlechten Effizienz der Muskelkraft. Beim E-Auto-Fahren verbindet sich die heute bereits relativ gute Effizienz der Photovoltaik mit der sehr guten Effizienz des Elektromotors.

Alles schön und gut, aber wenn Sie auf Photovoltaik und Wind setzen, müssen Sie auch unvoreingenommen auf ein Problem blicken: Die Sonne scheint nicht immer, der Wind weht nicht immer, Herr Bannasch!

Das stimmt. Und genau damit muss das zukünftige Energiesystem zurechtkommen. Es hilft nichts, davor die Augen zu verschließen. Im Stromsystem muss es zu jeder Zeit einen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage geben, sonst kommt es zum Blackout. Wir könnten theoretisch ein reines Photovoltaik- oder ein reines Windsystem haben, aber es spricht vieles dafür, mit einem Mischsystem zu arbeiten.

Warum?

In einem Sommermonat können wir sehr viel Strom aus der Sonne holen, bis zu zehn Mal mehr als im Winter. Im Winter brauchen wir aber mehr Energie, denn dann müssen wir ja auch heizen. Beim Wind ist es genau umgekehrt, im Winter gibt es viel, im Sommer wenig Wind. Wenn man Wind UND Sonne nutzt, hat man nur wenige Tage im Jahr, an denen es weder genug Wind noch genug Sonne gibt. Der entscheidende Punkt ist aber: Wir haben noch viel zu wenig an Kapazitäten installiert, das gilt für Windräder wie für PV-Anlagen.

Wo stehen wir derzeit?

In Deutschland sind derzeit rund 60 Gigawatt an Photovoltaikleistung installiert, bei Windkraft sind es ein paar Gigawatt mehr. Wir brauchen aber für eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien 500 bis 1.500 Gigawatt an installierter Photovoltaikleistung, je nachdem, wie viele Windräder wir aufstellen. An sonnigen oder windreichen Tagen werden wir gigantische Stromüberschüsse haben, die wir kurzfristig wegfangen müssen. Also brauchen wir Speicher. In einem Erneuerbaren-Energien-System, das vor allem auf Photovoltaik setzt, kann man mit überschüssiger Sonnenenergie im Sommer Elektrolyseure laufen lassen und Wasserstoff herstellen und diesen Wasserstoff dann auch weiter in Kohlenwasserstoffe transformieren. Im Winter kann man diese gespeicherte Energie wieder rückverstromen. Wenn wir viele Windräder aufstellen, reduziert das den Langzeit-Speicherbedarf so massiv, dass wir perspektivisch sogar ohne Langzeitspeicher auskommen könnten.

Also funktioniert die Energiewende ohne Stromspeicher?

Nein, aber wichtig sind vor allem wegen der extremen kurzfristigen Schwankungen Kurzzeitspeicher, die bei entsprechenden Technik- und Kostenfortschritten in Zukunft zunehmend auch für eine mittelfristige Speicherung über mehrere Tage eingesetzt werden können.

"In Zukunft haben wir Akkus auf Rädern."

Was für Speicher sind das, wie können wir uns das vorstellen?

Das können unter anderem die Akkus der Elektroautos sein. Tony Seba, ein wichtiger Vordenker disruptiver Entwicklungen, sagt: Wenn Fahrzeuge autonom fahren, können wir mit 20 Prozent der heutigen Fahrzeuge die gleiche Menge an Mobilität bereitstellen. Heute haben wir rund 50 Millionen Pkw und rund 60 Millionen Fahrzeuge insgesamt in Deutschland. Zehn Millionen E-Fahrzeuge sind also durchaus eine realistische Größe. Der Akku eines durchschnittlichen E-Autos hat heute eine Speicherleistung von 50 Kilowattstunden. Bei zehn Millionen E-Autos wären das insgesamt 500 Gigawattstunden an Speicherkapazität – das entspricht der heute bei Nacht angeforderten Stromleistung in Deutschland von rund 50 Gigawatt über einen Zeitraum von zehn Stunden. Das löst uns bei weitem noch nicht alle Probleme, aber E-Auto-Akkus können ein wichtiger Lösungsbaustein sein, den wir wegen der extrem schnellen Durchsetzung der batterieelektrischen Mobilität in den nächsten Jahren nahezu kostenfrei ins System bekommen. Die durchschnittliche Akkukapazität wird sich voraussichtlich noch einmal deutlich erhöhen. In Zukunft haben wir dann Akkus auf Rädern. Das eröffnet völlig neue Perspektiven.

Was bedeutet das konkret?

Dass ich Energiepakete von A nach B transportieren kann. Die Autos können eigenständig durch die Gegend fahren. Nehmen wir an, ich wäre Mitglied einer Genossenschaft, die einen Fuhrpark mit autonom fahrenden E-Fahrzeugen betreibt – als Weiterentwicklung des heutigen Carsharings. Und nehmen wir weiter an, wir hätten immer noch – so wie heute – sehr hohe Kosten für die Nutzung des Stromnetzes. Und wenn die Sonne scheint, ist der Akku im Keller bald voll, weil die Solaranlage auf dem Dach Strom liefert. Also kommt ein Akku auf Rädern vorbei und saugt den Akku leer. Zu anderen Zeiten könnten mir auch Energiepakete autonom geliefert werden, zum Beispiel im Winter aus einem genossenschaftlich betriebenen Windrad in der Nähe. Je nachdem, wie das System organisiert ist, würde ich davon unter Umständen gar nichts mitbekommen, weil ein Algorithmus der Genossenschaft, den ich mit meinen Wünschen gefüttert habe, das für mich erledigt. Natürlich wäre es eigentlich sinnvoll, solche Stromtransporte über das Stromnetz abzuwickeln, wenn die Rahmensetzungen dafür vernünftig wären.

Dann machen Sie es doch!

Der Transport über das Stromnetz macht unter aktuellen Rahmenbedingungen den Strom unnötig teuer. Eine Möglichkeit, um das zu ändern, wäre eine Art lokaler Freihandelszonen für Energie einzuführen, so dass auf lokal erzeugten und genutzten Strom keine Steuern und Abgaben anfallen. Es ist doch absurd, von Wasserstoff aus Afrika zu träumen oder riesige Windparks vor der Küste aufzustellen, wenn wir dafür wieder viel Geld für den Transport und teure Stromnetze brauchen – aber dem Nachbarn nicht mal unseren billigen Solarstrom problemlos über den Zaun reichen können. Aus der Sicht der Strom-, Öl- und Gaskonzerne besteht kein Interesse, das zu ändern. Die Aktionäre dieser Konzerne verdienen sich damit nämlich eine goldene Nase. Lokale Freihandelszonen für Energie wären so etwas wie der Turbo für die Erneuerbaren und würden das Geschäftsmodell der großen Energiekonzerne sehr schnell und vollständig zusammenbrechen lassen.

Aber mir scheinen autonom fahrende Elektroautos, also Ihre Akkus auf Rädern, noch sehr weit weg zu sein …

Die Durchsetzung von Technik erfolgt immer in S-Kurven. Das beschreibt Tony Seba in seinen Vorträgen und in seinem Buch "Saubere Revolution 2030" sehr gut. Man hat einen extrem flachen Anfangsbereich, dann gibt es einen exponentiellen Anstieg und irgendwann flacht das Ganze wieder ab. Das war bei Autos, Waschmaschinen, Festnetztelefonen und allen anderen Techniken in der Vergangenheit so. Wir haben das beim Smartphone erlebt. Erst waren die Geräte teuer, dann aber sehr schnell Massenware. Beim autonomen Fahren stehen wir heute dort, wo wir bei der Elektromobilität vor wenigen Jahren waren – im flachen Bereich der S-Kurve, als die meisten Leute über E-Mobilität noch gelacht haben. Jetzt lacht keiner mehr. Wir können es also schaffen.

"Es sind immer Interessen im Spiel, die mit geballter Lobbymacht durchgesetzt werden."

Von Ihrer Energiewende scheint vor allem zu profitieren, wer ein Haus mit Solardach und einen Stromspeicher hat. Aber was ist mit den vielen Mieterinnen und Mietern?

Man muss in Bereichen, in denen es um viel Geld geht, immer davon ausgehen, dass Dinge nicht zufällig passieren, sondern Interessen im Spiel sind, die auch in Demokratien mit höchst professioneller Manipulation der öffentlichen Meinung und viel geballter Lobbymacht politisch durchgesetzt werden. Sie stützt sich auf eine subtile Form der Propaganda, die auf den ersten Blick überhaupt nicht als solche zu erkennen ist. Gerade auch gebildete und ansonsten ausgesprochen kritische Menschen unterschätzen das, weil sie glauben, klug genug zu sein, um nicht darauf hereinzufallen. Das ist eine Illusion. Wie diese subtile Propaganda funktioniert, die sich heute wesentlich harmloser Public Relations nennt, aber deshalb kein bisschen weniger gefährlich ist, kann man beim Urvater der Propaganda, Edward Bernays, nachlesen. Das nur als Vorbemerkung, bevor ich auf Ihre Frage etwas konkreter antworte.

Ich bitte darum.

Es gibt seit einigen Jahren ein Mieterstromgesetz, aber das ist vorsätzlich kompliziert so gemacht worden, dass Mieterinnen und Mieter gerade in den Städten möglichst gut von der Energiewende ausgeschlossen werden. Ich nenne es immer "Mieterstromverhinderungsgesetz". Und das führt dazu, dass Gegner der Energiewende anprangern können, die erneuerbaren Energien seien doch nur etwas für die reichen Hausbesitzer und damit unsozial. Mieterstrom muss man radikal vereinfachen. Die Energiewende kann nur gelingen, wenn sie einfach ist und damit auch jeder mitmachen kann. Jeder Mieter könnte zum Beispiel ein Recht erhalten, anteilig einen Teil des Daches oder sogar der Gebäudeoberfläche für die Energiegewinnung nutzen zu dürfen. Und wenn der Vermieter ihm diese Möglichkeit nicht einräumt, könnte die Miete gemindert werden. Sie würden sehen, wie schnell sich die Dinge plötzlich bewegen. Im Prinzip würde hier auch mein Vorschlag der lokalen Freihandelszonen greifen. Ich könnte mich als Mieterin oder Mieter an Stromerzeugungsanlagen beteiligen, die irgendwo anders in der Kommune installiert sind. Auf europäischer Ebene gibt es dafür sogar einen Rechtsrahmen, der nur durch nationale Gesetzgebung einfach mal anständig ausgefüllt werden müsste.

Wie heizen wir in Zukunft – ohne Öl und Gas?

Wir müssen das gesamte Energie- und Mobilitätssystem elektrifizieren. Electrify everything! ist das Motto aus dem englischsprachigen Raum. Wenn wir Sonne und Wind ernten, ergibt sich fast automatisch auch ein strombasiertes Heizungssystem. Heizen werden wir mit strombetriebenen Wärmepumpen – in Kombination mit Infrarotheizungen. Die Techniken, die man dafür braucht, sind ausgereift. Den Einbau von neuen Öl- und Gasheizungen in Häuser und Wohnungen müssen wir aus meiner Sicht verbieten. Bestehende fossile Heizungen müssen zügig ersetzt werden. Das kann man gern großzügig fördern, um wirtschaftliche Härten zu vermeiden. Ich bin normalerweise kein Freund von Verboten und Vorschriften. Bei der Heizung sehe ich das allerdings etwas anders, weil es hier ein spezielles Vermieter-Mieter-Problem gibt, was die Investitionskosten und die Betriebskosten angeht, uns die Zeit davonläuft und zu viele entscheidende Akteure im Markt sind, die an den alten Scheinlösungen für die Transformation des Energiesystems festhalten. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel.

Der da wäre?

Wir müssen weg vom Effizienz- und Spardogma der 70er und 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. Der Grundgedanke der "Energieautonomie" muss in den Mittelpunkt. Hermann Scheer, der große Vordenker und Vorkämpfer für erneuerbare Energien, hat dazu ein ganzes Buch geschrieben, das auch heute noch sehr lesenswert ist. Autonomie ist ein entscheidendes Konzept, weit über den Bereich Energie hinaus!

Was meinen Sie damit?

Wir müssen es schaffen, uns aus unserer Umgebung heraus mit Energie zu versorgen. Sich irgendetwas von irgendwo weit her zu holen, sollte die Ausnahme sein, wenn es gar nicht anders geht. Eine echte Energiewende muss drei Kriterien erfüllen: Es muss wirklich um 100 Prozent Erneuerbare im Gesamtsystem gehen, nicht um 50 und nicht um 80 Prozent. Sondern vollständig! Wir müssen bis 2030 die klimarelevanten Emissionen in den Industrieländern, auf die wir einen Einfluss haben, vollständig beenden, wenn wir die Erderwärmung auf unter zwei Grad begrenzen wollen. Und der dritte Punkt: Wir müssen die Energie- und Geldflüsse umkehren. Nur dann reden wir von einer "Energiewende" im wahrsten Sinne des Wortes. Wir sehen gerade wieder durch den furchtbaren Krieg in der Ukraine, wie hochgradig verwundbar und abhängig wir sind. Diese Abhängigkeit müssen wir beenden. Und das können wir nur mit der schnellen und vollständigen Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien und Energieautonomie.

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Guten Tag,
mit Interesse habe ich den Artikel gelesen. Leider vermisse ich im Segment "Gebäude" komplett den Begriff "Energieeffizienz" bzw. "Wärmedämmung". Allein der Heizwärmebedarf in Deutschland liegt bei 82 Mio to SKE (oder 2.411 PJoule). Das ist eine unglaublich große Menge. Wenn man - was leider zur Zeit "hip" ist - diese Gebäude mit Wärmepumpen beheizen wolle (JAZ in ungedämmten Altbau lt. IWU Darmstadt bei 2 bis max. 2,5), wären erforderlich: a) ein volkswirtschaftliches Investitionspotenzial von 1 Billion € nur für die WP. Dazu kommt die Investition in b) 30.000 Windkraftanlagen der 7 MW-Klasse und die entsprechenden Netze, c) 20 Mio Wärmepumpen - die nicht lieferbar sind und d) zusätzlich 200.000 Handwerker im SHK-Gewerbe - die es ebenfalls nicht gibt. Kurzum - es fällt mir schwer, den Artikel als das zu bezeichnen, was er ist: falsch recherchiert und höchst einseitig. Gerne stelle ich weitere Infos aus dem Gebäudebereich zur Verfügung. www.ipeg-institut.de
mfg
Arnold Drewer

@Arnold Drewer, zu Ihrem Kommentar hätte ich einige Rückfragen mit der Bitte um Beantwortung:

1. Wie kommen Sie zu der Aussage, dass der "Artikel" (das Interview) schlecht recherchiert wäre?
2. Wie wollen Sie in Zukunft Gebäude beheizen?
3. Welches Ziel verfolgen Sie im Energiebereich insgesamt (Gesamtsystem)?
4. Mit welchen Techniken wollen Sie dieses Ziel erreichen?
5. Mit welchen finanziellen Mitteln wollen Sie dieses Ziel erreichen?
6. Wer soll diese finanziellen Mittel aufbringen?
7. Welche Zahl an Arbeitskräften benötigen Sie dafür in welchem Zeitraum?
8. Wo sollen diese Arbeitskräfte herkommen?
9. Bis wann wollen Sie Ihr Ziel erreichen?
10. Können Sie ausschließen, dass ihre unternehmerische Tätigkeit und damit verbundene mögliche eigenwirtschaftliche Interessen einen Einfluss auf ihre Sicht der Dinge haben?

Falls Sie sich näher für die Grundlagen hinter dem Interview interessieren sollten, können Sie mir gerne ein Mail an info@metropolsolar.de senden.

Guten Tag,
auf Ihre Fragen folgende Antworten:
1. leider fehlt - wie ich schrieb - der Begriff "Energieeffizienz" bzw. "Wärmedämmung" komplett
2. am besten gar nicht beheizen! (das ist bei Passivhäusern möglich). Allemal aber zuerst mal den Bedarf drastisch reduzieren (Dämmung, Fenster, Luftdichtung) - und, was dann übrig bleibt, mit WP oder Holz oder Pellets
3. Ziel Energiebereich: drastische Reduktion des Verbrauches (z.Zt. knapp 20.000 PJoule jährlich - oder 406 Mio to SKE). Das ist VIEL zu viel. Mindestens halbieren (wenn nicht dritteln), dann, aber auch erst dann, kann man eine 100%ige Versorgung mit EE erreichen. Sonst nicht.
4. Wärmedämmung. Suffizienz. Intelligenz.
5. es gibt jede Menge Dämmverfahren, die sich in Zeiträumen von unter 10 Jahren amortisieren und pro Maßnahme max. 4.000 € kosten. Das kann sich nun wirklich JEDER leisten - erst Recht, wenn diese Maßnahmen auch noch mit 20% gefördert werden
6. die Hausbesitzerinnen
7. im niedriginvestiven Bereich können auch angelernte Kräfte (Migranten, Arbeitslose) arbeiten.
8. wie vor
9. so schnell wie möglich. Mit EE allein geht es auf jeden Fall nicht. Gar nicht.
10. ich habe keine eigenwirtschaftlichen Interessen. Stelle Wärmedämmung nicht her, verkaufe sie nicht und installiere sie nicht. Siehe unter www.ipeg-institut.de Dort ist auch eine Studie verlinkt, die gestern rauskam. Kann man lesen.
Wenn Sie näheres über meine Ansätze wissen wollen, können Sie mir gerne eine mail an drewer@ipeg-institut.de schicken.

Bevor ich länger antworte zwei kurze Rückfragen:

1. Sie stellen in Ihrer ersten Reaktion auf das Interview fest, dass es nicht genügend Handwerker gibt, um bis 2030 alle fossilen Heizungen gegen Wärmepumpe(-Infrarot)-Lösungen auszutauschen. Und schlagen dann als Lösung vor: erst alle Gebäude zu dämmen, um DANN alle Heizungen auszutauschen. Dafür brauchen Sie dann weniger Arbeitskräfte, als wenn Sie nur die Heizungen austauschen? Können Sie mir das mal erläutern? Oder habe ich Sie falsch verstanden?

2. Können Sie Ihr "so schnell wie möglich. Mit EE allein geht es auf jeden Fall nicht. Gar nicht." nochmal etwas präzisieren und mit Zahlen und Rechnungen unterlegen?

Wir denken, dass wir es bis 2030 geschafft können und definitiv auch geschafft haben sollten, weil es sonst nicht wirklich gut aussieht. Fragen Sie vorsichtshalber mal einen Klimaforscher, was er für den besten Zeitpunkt hält, um sämtliche menschengemachten Emissionen auf der Erde zu stoppen. Sämtliche menschengemachten Emissionen stoppen bedeuten mindestens einmal: 100% Erneuerbare. Und dann gibt es noch ein paar weitere Aufgaben zu erledigen, z.B. in der Landwirtschaft.

Als Hinweis für den Zeithorizont empfehle ich einen Blick in diese Veröffentlichung von Breakthrough "Kohlenstoff-Budgets für 1,5 und 2 Grad" https://www.breakthroughonline.org.au/german oder die Äußerungen von Joachim Schellnhuber (irgendwas mit Klimaforschung), die ich aber wegen ihren Katastrophenszenarios nur bedingt motivierend finde. Siehe dazu: https://twitter.com/visevic/status/1431012057143463937 und https://twitter.com/search?q=schellnhuber%20(from%3Ametropolsolarrn)&src=typed_query&f=top

Auf ihre Rechnung dazu, dass Erneuerbare angeblich nicht ausreichen bin ich wirklich gespannt. Eigentlich hatte ich das ja im Interview vorgerechnet, aber vielleicht haben Sie es überlesen. Oder Sie haben eine völlig andere Rechnung. Bin gespannt. Kleiner Hinweis: wir könnten sogar den gesamten Endenergiebedarf ausschließlich AN Gebäuden produzieren (muss man nicht so machen, könnte man aber), zumindest laut der folgenden Dissertation "Technical and economic potential for photovoltaic systems on buildings" von Karoline Fath: https://www.ksp.kit.edu/site/books/m/10.5445/KSP/1000081498/ Alternativ würde auch die Belegung der Fläche, die wir heute für den Anbau von Energiepflanzen nutzen (mehr als 20.000 Quadratkilometer), um den kompletten zukünftigen Endenergiebedarf abzudecken.

Antwort auf von Daniel Bannasch (nicht registriert)

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Guten Tag,
ich habe alles, was zu sagen ist, in meinen Beiträgen gepostet. Nur noch eines: die Hinweise, dass man den gesamten Gebäudebestand mittels WP - Strom per PV erzeugt - und sogar mit sog. "Infrarotheizungen" - was nichts anderes als Elektro-Direktheizungen sind, beheizen kann, wird leider allen Menschen, die in derartig betriebenen Gebäuden wohnen, böse auf die Füße fallen. Nämlich aufgrund der stetig steigenden Stromkosten (ab nächstes Jahr 40 ct/kWh von den Grundversorgern, von anderen sogar noch mehr). Mit tun nur die Mieter leid, die sich gegen derartigen Unsinn nicht wehren können. Es sei denn, sie frieren - naja, Herr Gauck schlägt das ja allen Ernstes auch schon vor.
Schade, dass derartig einseitige Positionen in der von mir sonst so geschätzten CHRISMON einen exponierten Platz erhalten.
Zum Schluss: Lieferzeiten Wärmepumpen z.Zt. 1 Jahr (bis 2 Jahre in Kiel). Lieferzeit PV-Anlage ebenfalls 1 Jahr. Planungs-, Genehmigungs- und Erstellungszeiten einer WEA bis zu 7 Jahre.
Ohne Energieeffizienz (hauptsächlich durch Wärmedämmung) und Suffizienz ist eine Energiewende im Gebäudebereich nicht machbar.

Zu Ihren Ausführungen:

1. "alles, was zu sagen ist, in den Beiträgen gepostet"? Nein. Jeder, der die von Ihnen aufgeführten Punkte, meine Fragen und Ihre Antworten dazu aufmerksam liest, kann feststellen, dass dem nicht so ist.

2. "derartigen Unsinn"? Solche Formulierungen sind für mich nicht Teil einer sachlichen Auseinandersetzung. Zu sachlichen Auseinandersetzungen bin ich immer gerne bereit. Dazu nicht.

3. Die Aussage "Ohne Energieeffizienz (hauptsächlich durch Wärmedämmung) und Suffizienz ist eine Energiewende im Gebäudebereich nicht machbar" ist sachlich schlicht und einfach falsch.

Man kann den von mir beschriebenen Weg zu 100% Erneuerbaren Energien für diskussionswürdig oder voller schwer überwindbarer Hemmnisse halten und einen anderen Weg für besser. Das ist völlig in Ordnung. Richtig ist aber: Der Weg von mir beschriebene Weg ist möglich (ob er tatsächlich eingeschlagen wird und falls er eingeschlagen wird, in der Wirklichkeit gelingt, ist damit nicht gesagt) - und zwar eben genau EINSCHLIESSLICH der Energiewende im Gebäudebereich. Und damit ist Ihre Aussage falsch.

Ich hatte vor 5 Jahren mal zu einem BEWEIS herausgefordert, dass 100% Erneuerbare Energien bis 2030 NICHT möglich sind. Es hat niemand einen Beweis geliefert. Siehe dazu folgenden Kurzvortrag (12 Min) bei der Jahresversammlung der Arbeitsgemeinschaft der Bayerischen und Österreichischen Solarinititiativen (ABSI 2017) https://www.youtube.com/watch?v=8auUv4QiFLE

Diesen sowie weitere Vorträge zur "Energiewende auf dem Bierdeckel" (https://www.youtube.com/watch?v=R0J6uDR3k7g&t=5401s (aktuellste Aufzeichnung vom 24. Energietag Rheinland-Pfalz) und zur "SolarStrategie" (z.B. bei der European Citizen Energy Academy EUCENA recht aktuell auf Englisch: https://www.youtube.com/watch?app=desktop&v=GhqBFHPSWmM&feature=youtu.be) gibt es in unterschiedlichen Fassungen auf YouTube.

Weitere Dokumente zum Hintergrund dieser Vorträge kann man bei uns bekommen, wenn man ein Mail an info@metropolsolar.de sendet und danach fragt :-)

An die unbekannten Mitlesenden,

die Aussage zum Thema Effizienz im Interview lautete "Wir müssen weg vom Effizienz- und Spardogma der 70er und 80er Jahre des letzten Jahrhunderts." und weiter "Der Grundgedanke der "Energieautonomie" muss in den Mittelpunkt. Hermann Scheer, der große Vordenker und Vorkämpfer für erneuerbare Energien, hat dazu ein ganzes Buch geschrieben, das auch heute noch sehr lesenswert ist. Autonomie ist ein entscheidendes Konzept, weit über den Bereich Energie hinaus!"

Auch mit "Intelligenz" kann man heizen. Denken führt ja auch zu Abwärme, spätestens wenn der Kopf raucht.

Ein Gegenbeispiel zur Aussage "dann, aber auch erst dann, kann man eine 100%ige Versorgung mit EE erreichen. Sonst nicht.": Unsaniertes Haus: Von 9.700€ auf 500€ Energiekosten (Youtube Video -jbg69t_a0k https://www.youtube.com/watch?v=-jbg69t_a0k)

Die Aussage ist also für einzelne Geäude nachweislich falsch. Es müsste also Gebäude geben, bei denen das theoretisch oder wenigstens praktisch unmöglich ist, um die Aussage wahr zu machen.

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Ein Lobbyist klagt über den Einfluss von Lobbyisten. Aber warum soll ein Lobbyist nicht mehr wissen als Andere. Schließlich werden auch viele Gesetze erst durch Lobbyisten verkehrsfähig gemacht. Was nie von den Ministerien zugeben wird. Es wäre interessant zu lesen, was denn die Klimawissenschaftler (PIK, GRÜNE) und wissenschaftlichen Energiefachleute dazu sagen. Nicht ungewöhnlich, wenn ein Visionär zu spät recht bekommt oder zum grossen Gewinner wird. Elon Musk!!! Auch sollte man wissen, wenn sich die versammelte Wissenschaft erst gar nicht mit dem Vorschlag befasst. Auch die Wasserstoffenthusiasten blenden vollkommen den Energiebedarf aus und haben keine Antwort darauf, wem denn die Sahara gehört.

Ich vermute, dass Sie mit "Lobbyist" mich meinen. Vielleicht können Sie mir noch kurz mitteilen, was Sie meinen, wofür ich Lobbyist bin. Ich kann die Antwort aber auch vorweg nehmen: Wir arbeiten als gemeinnützige Organisation für 100% erneuerbare Energien bis spätestens 2030. Nicht für irgendeine Branche und auch nicht mit Geldern irgendwelcher Konzerne, sondern mit den Mitteln unserer Mitglieder, Spenden, Vortragshonoraren und seit kurzem auch zunehmend BürgerSolarBerater-Schulungen - seit vielen Jahren immer hart am Rande des finanziellen Abgrunds, weil wir tatsächlich völlig unabhängige Arbeit machen und definitiv nicht käuflich sind - egal von wem und ganz gleich mit welchen Beträgen.

Was die Qualität der Aussagen angeht, kann ich Ihnen sehr empfehlen, sich alle (sogenannten) wissenschaftlichen Studien zum Thema Energie und Transformation des Energiesystems sehr genau anzusehen. Ich habe hunderte gelesen und praktisch alle weisen fundamentale Fehler auf. In aller Regel sind diese Studien mehr oder weniger politische Papiere, mit denen ein bestimmter Zweck verfolgt wird und die stark von den Wünschen der Auftraggeber abhängen. Sie enthalten meistens willkürliche Annahmen, blenden wesentliche Teile der Wirklichkeit aus und halten in aller Regel einer gründlichen wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand. Es spielt dabei keine Rolle, ob klangvolle Titel und Institutsnamen auf den Studien draufstehen. Denn die meisten denken weder konsequent bis zu Ende, noch radikal genug in Anbetracht der Lage, noch sind sie wirklich völlig unabhängig von den sie umgebenden Strukturen und Interessen.

Wenn Sie mehr wissen wollen, können mir auch gerne ein Mail an info@metropolsolar.de senden.

Antwort auf von Daniel Bannasch (nicht registriert)

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Dann sind sie wohl kein klassischer Lobbyist, aber Ihr Text liess mich das nicht vermuten. Aber warum ist die Lobby als Meinungs- und Nachrichtenbörse schlecht? Auch Sie möchten doch Viele mit Ihren Vorschlägen für neue Gesetze erreichen! Die Lobbyisten haben schon gegen die hoffnungslosen Illusionisten viel Unsinn verhindert Sie konnte auch nicht verhindern, das jetzt wegen Ethanol (10%) Urwäldern vernichtet werden. Zum Anlass. Die neuesten Emmissionszahlen lassen keine Trendumkehr vermuten. Nach wie vor sind lange dunkle und windstille Winternächte und Wochen das ungelöste Problem. Solange es keine Speichermedien mit enormen Kapazitäten und störungsunanfällige Leitungen über grosse Distanzen gibt. Zu hoffen, dass den Forschern und Technikern immer schon eine Lösung eingefallen ist, ist müssig. Es ist bitter zu merken, dass wir mit unseren Zivilisationsfolgen in einer Falle sind. Wobei es neben der Energieunsicherheit noch weit dramatischere schwerwiegendere Folgen gibt, die uns als weltweiter Hunger noch wesentlich schneller als jedes Klima bedrohen könnten. Afrika beginnt bereits noch mehr zu hungern und die UNO warnt dramatisch. Auch das Temperaturmanagement in den Wohnungen, Büros, Verwaltungen und Firmen wird bei 1,5°° mehr ein Vielfaches der bisherigen Energie erfordern. Die Logistik und die persönliche berufliche und private Mobilität bedeuten enorme Probleme. Die Fahrleistungen der reinen Elektrovehikel sollen recht überschaubar sein. Hybride werden hoch subventioniert, aber nur in Kurzstrecken auch so bewegt. Der Sprit macht die Entfernungen. Ein idealistisches Wunschdenken muss und kann nicht zur Lösung führen. Zumindest nicht für die absehbaren Bevölkerungszahlen, Wohlstandsforderungen und nationalen Sonderwünsche, bis hin zu Kriegen und der Vernichtung von unersätzlichen Rohstoffen. Es ist fahrlässig zu erwarten, dass genug saubere Energie der Schlüssel für Alles ist. Rohstoffe können mit Energie nicht erzeugt werden. Und wer dann noch glaubt, dass auch die globale Ernährung vorrangig nur eine Frage der Energie ist, ist dann wohl als Lobbyist (Fürsprecher und Interessenvertreter) endgültig unbelehrbar. Hoffentlich irre ich mich. Dann für Sie alle Orden der Welt.

Ja, er ist ein Lobbyist. Für Fotovoltaik. Kann man sein, sollte man dann aber auch offenlegen. Und, da er AUSSCHLIEßLICH auf PV setzt, und Energieeffizienz - und zwar auf breiter Front - und auch Suffizienz nicht erwähnt, ist der Artikel leider mehr als mangelhaft.
Ja, Sie haben Recht: wir verbrauchen viel zu viel, als uns zusteht. Nicht nur an Energie (nämlich das Äquivalent von 406 Millionen to Steinkohle. jährlich!), sondern auch an anderen Rohstoffen. Und fahren damit unseren Planeten vor die Wand.

Antwort auf von Arnold Drewer (nicht registriert)

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Es für mich wenig Sinn, mich auf diese Weise mit Ihnen auseinander zu setzen.

Obwohl ich versucht habe zu erläutern, wofür wir bei MetropolSolar arbeiten (100% Erneuerbare Energien - im Gesamtsystem weltweit - bis spätestens 2030), beharren Sie darauf, mich als Lobbyisten für PV zu bezeichnen - um nicht zu sagen: zu diffamieren. Es gibt nichts offen zu legen, weil da nichts ist, was offen gelegt werden könnte. Fragen Sie gerne mal bei den „echten“ Solar-Lobbyisten z.B. beim Bundesverband Solarwirtschaft (oder ähnlichen Verbänden bzw. den dort organisierten Unternehmen der Branche) nach, ob wir für (deren) einzelwirtschaftliche Interessen tätig sind. Sind wir nicht. Wir sind ein gemeinnütziger Verein, der sich für die vollständige Umstellung auf Erneuerbare Energien bis 2030 einsetzt - und kommunizieren unsere Vorstellungen zu den aus unserer Sicht besten Wegen dort hin. Das ist alles.

Es ist völlig in Ordnung, wenn Sie andere Vorstellungen von den Zielen und den möglichen Wegen dorthin haben. Darüber könnte man sachlich diskutieren. Und wenn Sie bessere Ziele und Vorschläge hätten, würden wir uns freuen und uns sofort anschließen. Das ist für mich aus Ihren Ausführungen aber nicht erkennbar. Und nicht etwa, weil wir vergessen hätten, uns damit zu beschäftigen - im Gegenteil.

Vielen Dank für Ihre Antwort:

1. Sie haben Recht: ich bin kein klassischer Lobbyist - allenfalls nach bestem Wissen und Gewissen einer für "die gute Sache". So etwas tatsächlich Uneigennütziges ist für die meisten nur schwer vorstellbar - und offensichtlich ganz besonders, wenn man Ansätze vertritt, von denen selbstverständlich am Ende auch Unternehmen profitieren. Aber das ist nur eine (notwendige) Begleiterscheinung und nicht das Ziel. Irgendwer muss die Technik eben produzieren, verkaufen und verbauen. Es sei denn, jeder macht das für sich selbst. Das halte ich allerdings bei Produkten, bei denen die wesentlichen Kostenvorteile durch industrielle Massenfertigung entstehen, für keine halbwegs realistische Option. Bei allem, wo es gut möglich ist, spricht viel dafür, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.

2. Wir haben mit dem Versuch, Lobbyarbeit für 100% Erneuerbare Energien zu machen, schlechte Erfahrungen gemacht und es inzwischen (weitgehend) aufgegeben. Wir informieren allerdings gerne diejenigen, die die schnelle und vollständige Transformation zu 100% Erneuerbaren Energien wirklich wollen - und nicht wissen, wie sie es am Besten anstellen können. Das ergibt dann auch einen Sinn. Ansonsten gilt: Unsere Argumente wurden und werden schlicht ignoriert, obwohl sie - aus unserer Sicht natürlich - extrem stichhaltig waren und sind. Wie "richtiger" Lobbyismus funktioniert? Dazu gäbe es viel zu sagen. Ein Blick auf Lobbypedia und Lobbycontrol kann ein erster Anfang sein. Aber das ist nur die Spitze des (rasant wachsenden!) Eisbergs des Leben zerstörenden Lobbyismus. Ansonsten findet sich dazu auch einiges in unserem SolarStrategie in den Fußnoten (bei Interesse am Papier gerne ein Mail an info@metropolsolar.de senden)

3. Es ist für mich nicht klar, wen Sie mit "Lobbyisten" und wen Sie mit "Illusionisten" meinen. Wir sind - aus unserer Sicht weder das eine noch das andere. Wir betrachten uns als gleichzeitig visionäre, pragmatische und engagierte Realisten im Sinne der Formulierung von Hermann Scheer:

„Ob ein (…) politischer Entwurf (…) realistisch ist, entscheidet sich nach zwei Kriterien: Ob das strategische Konzept eine konsistente, widerspruchsfreie Antwort auf die realen Gefahren für die Allgemeinheit geben kann; Ob die Freiheit der Wahl gegeben ist, die dafür notwendigen Handlungsoptionen praktisch zu ergreifen, mit anderen Worten: ob reale Handlungsalternativen möglich sind. (…) Wenn ein Konzept (…) diesen beiden Kriterien entspricht, dann ist es realistisch.“ (Hermann Scheer, Sonnenstrategie, 1993)

Es geht also auf der einen Seite um die notwendige (!) Radikalität bei der Zielsetzung (nicht radikal zu sein, hat wie wir alle wissen VIEL radikalere Konsequenzen) und auf der anderen Seite die nüchterne Betrachtung, der eigenen Möglichkeiten, auf die Zielerreichung Einfluss zu nehmen, um dann den - aus heutiger Sicht - vielversprechendsten strategischen Ansatz zu wählen.

4. Alle Techniken, die wir für die schnelle und vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien brauchen - PV, Windräder, Speicher, E-Fahrzeuge etc. - sind bereits in völlig ausreichender Qualität verfügbar (bitte nach Möglichkeit selbst auf den aktuellen Stand der extrem rasanten Entwicklung bringen). Diese Techniken werden durch industrielle Massenproduktion (fast) ständig besser und billiger. Das Problem ist, dass sie bisher nicht in ausreichender Menge und Geschwindigkeit in Anwendung gebracht werden. Einige der Gründe, warum das so ist, wurden im Interview beschrieben.

5. Was wir wollen, ist, dass unsere Analysen, Argumente und Vorschläge endlich überall, wo es weiterhelfen könnte, zur Kenntnis genommen werden, ernsthaft diskutiert und - falls für gut befunden - mit Hochdruck umgesetzt. Das würde uns völlig ausreichen. Ich bin allerdings sehr skeptisch, dass das geschehen wird. Unsere Erfahrung ist, dass unsere Betrachtungen normalerweise ignoriert oder als unrealistisch, lobbygesteuert o.ä. eingeordnet werden (wie auch in den Kommentierungen zu diesem Interview), um sie eines Tages dann stillschweigend zu übernehmen, ohne die eigenen Irrtümer ernsthaft einzugestehen und ohne dann auf uns als (frühzeitig mögliche) "Quelle der Erkenntnis“ zu verweisen. Wir sind natürlich nicht die Einzigen. Darum geht es auch nicht. Wir wollen keine Orden. Weder jetzt noch später. Wir wollen, dass das Notwendige und Mögliche verstanden und umgesetzt wird, bevor es zu spät ist.

6. Zum Abschluss möchte ich noch auf eine der Quellen verweisen, die ich für wirklich wichtig halte, die ernsthafte Beiträge zur Lösung weit über das engere Thema Energie hinaus liefert: www.rethinkx.com

Bei mehr Interesse bitte einfach ein Mail an info@metropolsolar.de (ich bitte zu entschuldigen, dass ich voraussichtlich den zeitlichen Aufwand nicht (mehr) leisten kann, hier auf chrismon.de weiter zeitnah zu antworten).