Am Montagmorgen um 6:30 Uhr holt mich ein Fahrer von zu Hause ab. Wir nehmen vom Krankenhaus etwas Ausrüstung mit, und zwei Nachwuchskräfte steigen zu. Sie machen eine HNO-Facharztausbildung. Bis an die Stadtgrenze stehen wir im morgendlichen Stau, danach sind die Straßen frei, allerdings voller Schlaglöcher. Wir brauchen dreieinhalb Stunden nach Butajira, die Provinzstadt liegt knapp 140 Kilometer südlich von Addis Abeba.
Uta Fröschl
In der Klinik von Butajira angekommen, bekommen wir als Erstes einen wunderbaren äthiopischen Kaffee. Fast 300 Patienten und Angehörige warten schon auf uns. Sie wurden für diese Woche einbestellt, manche waren den ganzen Sonntag hierher unterwegs. Viele Menschen hier hören schlecht, weil das Trommelfell durch chronische unbehandelte Mittelohrentzündungen kaputt ist. Die 17-jährige Kamila etwa hat Löcher in beiden Trommelfellen. Sie hofft auf eine OP, um besser zu hören und damit kein Eiter mehr aus den Ohren fließt. Zwei Jahre wartete sie auf einen Termin, jetzt ist es endlich so weit. Auf der Warteliste stehen zurzeit 2000 Menschen.
Operieren am Fließband
An diesem Morgen untersuchen die beiden Auszubildenden die Menschen wie am Fließband. Sie stellen sie mir vor, wir planen die Behandlungen und Operationen für die nächsten Tage. Nach einem schnellen späten Mittagessen geht es dann in den OP. Beide fangen an zu operieren. Ich gehe von einem zum anderen, leite sie an und helfe mit, sofern nötig. Zum Schluss kontrolliere ich und richte das neue Trommelfell ein. Es muss an der richtigen Stelle sitzen, damit es gut anwachsen kann. Das ist das Schwierigste an der OP.
Die Woche über stehen wir von früh bis spät im OP. Zusammen schaffen wir an die 30 Operationen pro Tag. Die beiden jungen Leute lernen es so gut, dass ich mich fast langweile, da ich meist nur noch zusehe. Bei den morgendlichen Visiten sehen wir viele dankbare Patienten. Auch Kamila strahlt uns an. Endlich besser hören!