Edvard Munch: Eifersucht (1895)
Rote Äpfel, rote Wangen . . .
. . . und die rote Schmerzensblume. Edvard Munch und die Frauen.
Edvard Munch "Eifersucht"
Edvard Munch "Eifersucht"
Bergen Kunstmuseum/akg-images
Lukas Meyer-BlankenburgPrivat
13.01.2021

Seine Mutter starb an Tuberkulose, später auch eine Schwester. Die ­andere Schwester musste wegen Depression behandelt werden. Er selbst hatte auch ziemlich schwache Nerven. Mit den Frauen in seinem Leben muss der norwegische Maler Edvard Munch schon früh jede Form des Unglücks ­assoziiert haben. Er verarbeitete diese einschneidenden Erfahrungen in seinen Bildern. Heute ist Munch gemeinhin berühmt als Begründer expressionis­tischer, moderner Malerei. Und für sein Bild "Der Schrei" – aber das ist eine unnötige Reduktion auf ein einziges Bild, die aufheben sollte, wer nur kann.

Lukas Meyer-BlankenburgPrivat

Lukas Meyer-Blankenburg

Lukas Meyer-Blankenburg ist freier Journalist mit Hang zur Kunst

In seiner Kunst versuchte Munch auch später, mit dramatischen ­Episoden zurechtzukommen, die er etwa mit ­diversen Lebensabschnittsgefährtinnen erlebte. Es blieb bei sehr kurzen Epi­soden und gro­ßem Herzschmerz. Einmal, wie es hier die erste Version des Bildes "Eifersucht" von 1895 darstellt, bei einer Dreiecksbeziehung mit der Norwegerin Dagny Juel und ihrem polnischen Mann, dem Schriftsteller Sta­nislaw Przybyszewski (dem Edvard Munch ­übrigens "Der Schrei" widmete). Letzterer schaut im rechten Bildvordergrund ziemlich bedröppelt aus der Wäsche, während sich Edvard und Dagny wie Adam und Eva am Baum der Erkenntnis räkeln.

Rote Äpfel, rote Wangen, ein rotes Gewand, das mehr enthüllt als verdeckt, und dazu die rote Schmerzens­blume, links vor der orangefarbenen Mauer – viel mehr Bildhinweise, dass hier Sünd- und Schmerzhaftes geschieht, passen wohl kaum auf so wenig Leinwandfläche. Entsprechend rot ange­laufen ist der Bartzipfel des Gehörnten.

Im Alter verlor er an Reife

Dabei war Stanislaw Przybyszewski in gewisser Weise selbst schuld an seinem Unglück. Er ließ sich und seiner Frau in Liebesdingen freie Hand, um die aufkommenden Gefühle in große Literatur zu verwandeln. Kein Rezept für langes Eheglück. Am Ende reiste Dagny Juel im Streit davon – mit einem Liebhaber aus Krakau, der sie ermordete; angeblich aus Eifersucht.

Auch Edvard Munch verlor im hohen Alter an Reife und schaffte es, früheres Beziehungspech noch zu toppen. Im ­norwegischen Seebad Åsgårdstrand, das er regelmäßig für erholsame Sommer­urlaube besuchte, gipfelte ein Eifersuchtsdrama mit Tulla Larsen in einem Nervenzusammenbruch des Malers, der sich in die Hand schoss und dabei ein Glied seines linken Mittelfingers verlor (das abgeschnittene Ohr war ja schon vergeben).

Es mag abgedroschen klingen, aber selten hat der Aphorismus des Wiener Theaterdichters Franz Grillparzer so gut gepasst wie auf Leben und Werk des ­Malers Edvard Munch: "Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft." Ob der Künstler den Spruch kannte? Gefallen hätte er ihm bestimmt. Schließlich wollte Edvard Munch nach eigenem Bekunden keine Stillleben malen, sondern liebende und leidende Menschen. Seine Bilder sollten Sinnbilder dafür sein. Sein eigenes ­Leben diente als Vorlage.

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