Pfarrerin Stefanie Schardien über Corona in der Nachbarschaft
Kati Szilágyi
Die Nachbarn informieren?
Stefanie Schardien, Pfarrerin in Fürth und "Wort zum Sonntag"-Sprecherin, beantwortet für chrismon jeden Monat kniffelige Lebensfragen.
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15.12.2020

Mimi H. aus Frankfurt am Main fragt:

"Ich bin in Quarantäne, ein Corona-Test war positiv. Freunde versorgen mich mit frischen Lebensmitteln und allem, was ich brauche, ich gehe wirklich gar nicht vor die Tür, nur auf den Balkon. Nun frage ich mich: Muss ich eigentlich meinen Nachbarn - ich wohne in einem Haus mit zehn Parteien - Bescheid sagen?"


Stefanie Schardien antwortet:
In normalen Zeiten können Sie als kranker Mensch darauf setzen, dass andere Sie bemitleiden und umsorgen. Pandemiegeplagt wägen viele Menschen wie Sie plötzlich ab, ob sie von ihrer Covid-Erkrankung erzählen oder nicht. Zwar gilt: "Müssen" müssen Sie aufgrund Ihres Rechtes auf Privatheit nicht, sofern Sie nicht befürchten, jemanden möglicherweise unwissentlich angesteckt zu haben.

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Stefanie Schardien

Dr. Stefanie Schardien, geboren 1976, ist Theologin und Theologische Geschäftsführerin des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik. Zuvor war sie Pfarrerin in St. Michael in Fürth. Sie war Juniorprofessorin an der Universität Hildesheim für Systematische Theologie und arbeitete als Pfarrerin für Kindergottesdienst im Amt für Gemeindedienst der Bayerischen Landeskirche. Schardien ist Mitglied der Präsidialversammlung des Deutschen Evangelischen Kirchentags. Seit 2019 gehört Schardien dem festen Team der ARD-Sendung "Das Wort zum Sonntag" an.

Doch wie es Ihre Frage selbst nahelegt: Ängste, Vorurteile und Kenntnisse über Ansteckung sind in unserer Gesellschaft sehr unterschiedlich und vor allem oft überraschend verteilt. Darum könnten die Reaktionen Ihrer Nachbarn auf Ihre Info sehr unterschiedlich ausfallen - von freundlichen Hilfsangeboten über Furcht bis hin zu sozialer Ächtung, wie Betroffene auf Facebook, Instagram, Twitter und Co. erschütternd berichten. Durch die Fürsorge Ihrer Freunde und Ihre Disziplin führen Sie krank ja ohnehin keine Treppenhausgespräche. Sie könnten aber mithelfen, diese neuen gesellschaftlichen Ausgrenzungstendenzen von Betroffenen einzudämmen und zugleich ein Statement für mehr Solidarität setzen: Erzählen Sie hinterher von Ihrer Erfahrung und davon, dass Sie sich zwei Wochen zum Wohl der anderen zurückgezogen haben. Wer weiß? Vielleicht bekommen Sie dann nachträglich sogar noch Mitleid und Dank.

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Lege es lieber offen dar, denn es ist allemal besser für dein Gewissen, besonders wenn sich noch jemand in deinem Haus IRGENDWO infiziert und womöglich sogar stirbt - Wenn du es hinterher erzählst, dann ist die Wahrscheinlichkeit von Angriffe sehr viel höher.