Regine und Jo sind "alles andere als Gottesdienstfans".Eigentlich betreten sie am Sonntag eine Kirche nur, brummelt Jo, "wenn es unbedingt sein muss". Was bedeutet "unbedingt"? Pfarrerstochter Regine: "Weihnachten, Ostern, Hochzeiten, Trauerfeiern oder wenn in unserem Örtchen ein Jubiläumsfest mit einem Gottesdienst verbunden ist."
Arnd Brummer
Regine fühlte sich schon in ihrer Jugend unwohl, wenn sie "aus familiären Gründen sonntags da reinmusste. Papa Pastor hat einen ganz ordentlichen Job gemacht. Dass aber in der gesamten Liturgie stets betont wurde, wie unvollkommen wir als Menschen sind, half mir überhaupt nicht." Dass die beiden nach wie vor Kirchensteuer zahlen, ergänzt Jo, liege an der Qualität der "organisierten Nächstenliebe, vor allem in der Diakonie. Wenn Sterbenskranken, Behinderten und Geflüchteten geholfen wird, sind wir mit unseren Euros gern dabei."
Ich kann die beiden gut verstehen. Auch ich erlebe Gottesdienste in vielen Fällen nicht als Verkündigung der Frohen Botschaft. Gebete, vor allem Fürbitten, verströmen weder Glauben noch Liebe oder Hoffnung: "Herr, wir haben in dieser Woche wieder Leute mies behandelt. Wir waren egoistisch, neidisch, gemein. Bitte lass uns weniger sündig sein. Wir bitten dich, erhöre uns!"
Es sollte zu erkennen sein, warum Menschen im Sinne Jesu Christi zusammenkommen
Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn ein solcher Text im Gottesdienst Platz findet. Einen Platz! Drum herum sollte jedoch der Grund zu erkennen und zu spüren sein, warum hier Menschen im Sinne Jesu Christi zusammenkommen: Nähe und seelische Wärme. Mir fallen dazu stets die Lieder des Kantors Martin Gotthard Schneider ein. Sein bekanntester Song "Danke" schaffte es 1963 in die Charts.
Als ich den Titel dieses Liedes nenne, erkennen Regine und Jo, wie nah wir beieinander sind. Sie lächeln und prosten mir zu. Und dann singen wir laut und fröhlich: "Danke für alle guten Freunde, danke, o Herr, für jedermann. Danke, wenn auch dem größten Feinde ich verzeihen kann." Wir schauen einander in feuchte Augen. Schneiders swingende Musik untermalt seine Texte, wie man es sich besser nicht vorstellen kann. Das haben wohl auch die Punkrocker "Die Ärzte" erkannt und den Song in den 90er Jahren richtig populär gemacht.
Gottesdienste sollten den Menschen Kraft spenden
Gottesdienste sollten den Menschen Kraft und Hoffnung spenden. Lasst euch nicht unterkriegen! Bleibt fröhlich und zuversichtlich! Jo grinst. "So gesehen veranstaltet Regine zwei- bis dreimal im Monat Gottesdienste." Auf meinen fragenden Blick reagiert sie sofort. "Rede doch keinen Blödsinn, Jo! Wenn ich Leute auf unsere Terrasse zu ein paar Gläschen Wein oder Bier einlade, geschieht das ohne jedes kirchliche Gehabe!"
Ich kann Jo nur zustimmen. Humor, menschliche Wärme und wahre Gastfreundschaft prägen Regines Abende. Deshalb sitze ich auch heute wieder hier. Und ich bitte sie herzlich, sich mit diesem Modell auch in ihrer Kirchengemeinde zu engagieren. Dann könnten doch einige Menschen tatsächlich zu Gottesdienstfans werden. Halleluja!
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Sehr geehrter Herr Brummer,
Sehr geehrter Herr Brummer,
ich habe 22 Jahre an der Musikhochschule in Freiburg unterrichtet und kannte natürlich Martin Gotthard Schneider. Er war eine in jeder Beziehung eindrucksvolle, autoritätsgebietende Persönlichkeit. Ich hatte aber auch mit seinen Studenten zu tun, und da hat mir einer mal verraten, dass Schneider sein "Danke"- Lied im Nachhinein nur ganz schrecklich fand. Auch wenn es, gemessen an dem, was an neuen Chorälen inzwischen Einzug in die Gottesdienste gehalten hat, fast noch als musikalische Perle zu bezeichnen ist!
Mit freundlichen Grüßen,
Prof. Christa Siebert-Freund
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Gott Dienste leisten
Sehr geehrter Herr Arnd Brummer - Ihr Text hat mir sehr gefallen. Vor allem: "Gottesdienste sollten den Menschen Kraft und Hoffnung spenden. " Trotzdem ließen Sie nach meinen bescheidenen Auffassungsfähigkeiten die wichtigste Frage offen: Weshalb heißt diese Zussammenkunft in oft aufwendiegn, wenn nicht gar pompösen (zB katholischer Barock) Gebäuden, die zu 98% der Zeit sonst leer stehen - GOTTESDIENST? Braucht der allmächtige Gott (das ist Er doch, oder?) von uns Dienste? Anbetungs-, Lob- und Verherrlichungsleistungen - besonder abstoßend: Opfer - wie ein orientalischer Despot zur Zeit der Entstehung der Bibel?
Sie wissen es - auch Atheisten haben solche Veranstaltungen, die natürlich aber nicht DIENSTE heißen, sondern Sunday Assembly. Die sind - sehen Sie sich doch mal ein Video davon zB auf Youtube an - ganz lebendig. Und nicht so dröge und altbacken (mit Zuschütt-Orgel - äh) mit Priester*innen in Depri-Schwarz (evangelisch) oder Männer in Frauenkleidern (katholisch).
Walter Ludin machte die treffende Aussage dazu: "Der Kirchenferne der Menschen entspricht die Menschenferne der Kirche."
Sollten wir als Kirche(n) eine Zukunft haben wollen, sollten wir mal nicht über Liturgie nachdenken, sondern über eine Sonntagsversammlung.
Ich bin absolut fest davon überzeugt: Gott braucht keine Dienste.
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen. Aloha Stephan Levko
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