Willi Weitzel: Schade, dass du dein Fahrrad nicht dabei hast! Wie sieht es denn aus?
Gabi Keil: Es ist ein E-Bike, ein stabiles Trekkingfahrrad mit recht breiten Reifen und Schutzblechen. Es hat auch einen Gepäckträger für meine Satteltasche und den Laptop.
Willi: Wie viele Kilometer fährst du?
Gabi: Ich wohne im Hintertaunus und muss nach Eschborn, das sind knapp 30 Kilometer eine Strecke und noch 600 Höhenmeter. Sonst bräuchte ich kein E-Bike. Aber abends bin ich froh, wenn ich das Knöpfchen drücken kann, um den Berg hochzukommen.
Willi: Wie lange brauchst du?
Gabi: 65 Minuten hin, 75 Minuten zurück.
Willi: Das sind zwei Stunden und 20 Minuten am Tag! Warum nicht Bus und Bahn nehmen, da könntest du zum Beispiel lesen!
Gabi: Von Tür zu Tür würde ich eindreiviertel Stunden brauchen. Natürlich habe ich auch einen inneren Schweinehund, der mir sagt: "Komm, fahr doch mit dem Auto!" Aber zum Schluss ärgere ich mich dann, weil ich allein für die letzten beiden Kilometer in Eschborn 15 Minuten brauche.
Willi: Ist dir langweilig auf dem Rad?
Gabi: Nein! Ich meditiere. Zum Teil fahre ich durch den Wald, das macht das Herz total weit, ein Traum. Sich abends noch mal auszutoben, ist die beste Burn-out-Prophylaxe. Da hab ich gleich meinen Sport gemacht.
Willi: Und fällst nicht platt aufs Sofa?
Gabi: Wenn ich mit dem Auto fahre, bin ich müder. Nach dem Radfahren habe ich noch Energie, zu kochen.
Willi: Was hat dich zur Radpendlerin gemacht?
Gabi: Als Erstes stand nicht der Gedanke: Oh, ich bin ökologisch super unterwegs! Eher war ich genervt vom Stau. Ich will freier sein und nicht in dieser Konservenbüchse sitzen – mit schlechtem Gewissen, dass ich allein drinhocke. Mit Tausenden anderen vor, neben und hinter mir.
Willi: Warum steigen nicht mehr Leute um aufs Rad?
Gabi: Es ist bequemer. Heute hat es genieselt, es war grau und kühl. Wenn ich das Auto nehme, muss ich nicht überlegen, was ich anziehe, weil es warm und kuschelig ist.
Willi Weitzel
Willi: Ironischerweise sorgt der Klimawandel ja dafür, dass du auf dem Rad kaum noch nass wirst.
Gabi: In den Sommermonaten auf jeden Fall. Aber Regen ist nicht so mein Thema. Ich fahre ungern im Dunklen. Also radele ich noch im Hellen heim, wenn es passt, und mache den Rest des Tages Homeoffice. Und bei Glätte oder Gewitterwarnung fahre ich gar nicht.
Willi: Du lebst auf dem Land und lässt nicht die Entschuldigung gelten, dass es nun mal nicht ohne Auto geht – toll!
Gabi: Wir fahren noch Auto. Mein innerer Schweinehund ist nicht immer gut dressiert. Wir überlegen, Photovoltaik aufs Dach zu machen, um ein kleines E-Auto aufzuladen.
Willi: Was mich abhalten würde: Eine Stunde Radfahren und dann in die Arbeit – ich wäre komplett verschwitzt.
Gabi: Wir haben Duschen!
Willi: Ist CO₂ sparen keine Qual?
Gabi: Nein, mein Hashtag ist: #KlimaschutzmachtSpaß. Die Diskussion, dass es um Verzicht geht, ist falsch. Ist es wirklich wichtig, dreimal im Jahr wegzufliegen?
Willi: Wie motivierst du Nachahmer?
Gabi: Probiert es einfach mal aus! Guckt den Wetterbericht, sucht einen schönen Tag raus. Und dann: Reifendruck und Bremsen überprüfen, Helm auf und los. So habe ich auch angefangen. Nach und nach kann man dann investieren, wenn es einem gefällt – in Regensachen zum Beispiel. Das ist, verglichen zum Auto, immer noch die kleinere Anschaffung. Und man kommt weiter, als man denkt.
Willi Weitzel, TV-Moderator, Reporter und Autor, besucht für chrismon ein Jahr Menschen, die vorangehen beim Klimaschutz: die Bessermacher.