Präsident Trump kündigte über Twitter für Mitte Juli einen Großeinsatz in mehreren amerikanischen Großstädten an. Polizisten und Zollbeamte des Immigration and Customs Enforcement (ICE) sollten Einwanderer ohne gültige Aufenthaltspapiere aufspüren. Die Beamten hämmern normalerweise bei solchen Einsätzen am frühen Morgen an die Wohnungstüren, aber viele Immigranten machen mittlerweile nicht mehr auf. Es hat sich herumgesprochen, dass die Polizisten einen Haftbefehl brauchen, um in private Wohnungen eindringen zu dürfen. Der aber fehlt oft.
Atlantas Bürgermeisterin weigert sich, ihre Polizisten zu Handlangern des ICE zu machen. Trotzdem haben viele Menschen Angst, aufgegriffen zu werden. Denn im öffentlichen Raum hat die Polizei jederzeit das Recht dazu. So kamen Mitte Juli deutlich weniger Christen in den spanischsprachigen Gottesdienst der Episcopal Cathedral St. Philip in Buckhead. Auch in der nahe gelegenen Shoppingmall war nichts los. Ein Geschäftsmann sagte mir, er habe die Mall an einem Sonntag in 19 Jahren noch nie so leer gesehen.
Dorothea Lotze-Kola
Der Großeinsatz blieb aus, doch die Hetze und Propaganda des Präsidenten wirken weiter. Ich lebe neben einer Wohnwagensiedlung mit vielen Latinofamilien. Wenn die Nachbarskinder morgens in den Schulbus steigen, fragen sie ihre Väter und Mütter, ob sie sie abends wiedersehen werden. Die Kinder sind hier geboren und deshalb Staatsbürger. Aber vielen Eltern fehlen gültige Papiere.
Einige unserer Bekannten haben die USA 2018 verlassen, Leute mit und ohne Aufenthaltsstatus. Die USA ist für sie keine Heimat mehr. Erstmals erwägt auch meine Familie auszuwandern, sollte Trump wiedergewählt werden.