Die Ponte Morandi war nicht irgendeine Brücke. Es war die Hauptverkehrsader von Genua, eine vierspurige Autobahn, die unter anderem die Fähr- und Kreuzfahrthäfen am Stadtrand mit dem Zentrum verband. Viele Genueser benutzten sie mehrmals am Tag. Seit einem Jahr ist das alles anders. Am 14. August des vergangenen Jahres brach ein Teilstück der Brücke zusammen. Autos stürzten in die Tiefe, mindestens 43 Menschen kamen ums Leben.
Barbara Panzlau
Seitdem hat die Stadt viele Probleme zu lösen. Angehörige betrauern die Verluste. Mehrere Hundert Menschen, deren Häuser unter der Brücke standen, verloren ihr Zuhause. Sie wurden evakuiert, mittlerweile hat man ihre Wohnungen abgerissen. Nach den Schuldigen am Unglück wird weiter gesucht. Es ist aber davon auszugehen, dass die privaten Betreiber der Autobahn einen großen Anteil daran haben. Bis vor kurzem ragten noch die Trümmer der alten Brücke in den Himmel, Ende Juni wurden diese gesprengt.
Die Seeleute bleiben in den Häfen isoliert
Jetzt baut man eine neue Brücke, nach Plänen des genuesischen Architekten Renzo Piano. Bis diese fertig ist, lebt die Stadt im Ausnahmezustand. Als Verbindungsweg bleibt nun die alte Römerstraße Via Aurelia, die sich direkt am Meer entlangschlängelt – romantisch und schön, aber wenig geeignet für den Verkehr einer Stadt mit gut einer halben Millionen Einwohner. Vor allem die Seeleute auf den großen Schiffen leiden darunter. Sie haben manchmal nur ein paar Stunden frei, das reicht bei der schwierigen Verkehrslage nicht für einen Ausflug in die Stadt oder eine Einkaufstour. So bleiben sie in den Häfen oder auch auf den Schiffen, isoliert und abgeschnitten vom Rest der Stadt.
Wir von der Seemannsmission besuchen sie jetzt noch häufiger auf den Schiffen und renovieren zurzeit unseren Club am Containerhafen. Genua, genannt "La Superba", die Stolze, ist eine herrliche Stadt zwischen Meer und Bergen. Es ist hart, dass die Seeleute von ihr kaum etwas wahrnehmen können.
Der Verein Deutsche Seemannsmission sieht sich als Fürsprecher der Seeleute aller Nationen und setzt sich dafür ein, dass diese unter menschenwürdigen Bedingungen leben und arbeiten können. Er betreibt 34 Anlaufstationen in deutschen und internationalen Häfen.