Die geografische Lage macht Zypern eigentlich zu einem idealen Zielort für Flüchtlinge nach Europa. Der griechische Teil gehört zur EU, und die Insel liegt nur einige Hundert Kilometer vom Nahen Osten und Nordostafrika entfernt. Allerdings gibt es da einige Haken. Hierhin gelangt man nur mit dem Boot oder Flugzeug. Der Seeweg über das Mittelmeer birgt bekanntlich erhebliche Risiken. Und als Flugpassagier ohne gültige Einreisepapiere muss man damit rechnen, an einem der Flughäfen gleich abgefangen und wieder ausgewiesen zu werden.
Die Zyprioten werden in vielen Reiseführern als besonders gastfreundlich beschrieben. Sie sind es meiner Erfahrung nach auch, besonders in den kleinen Dörfern gelten Fremde immer erst als Gäste. Trotzdem ist Zypern, was die Aufnahme von Flüchtlingen betrifft, als eher ungastliches Land bekannt. Die Regierung hat bisher eine äußerst restriktive Einwanderungs- und Asylpolitik betrieben. Betroffene sind oft rat- und hilflos angesichts der langen Wartezeiten und völlig unzureichenden Beratung auf den Ämtern. Wenn sie denn überhaupt dahin finden. Asylsuchende sind oft auf sich allein gestellt.
Diese Politik wirkte offenbar abschreckend. Lange Zeit kamen vergleichsweise wenige Flüchtlinge auf die Insel. Das hat sich in den vergangenen Monaten dramatisch verändert, wohl aufgrund fehlender Alternativen. Ein Grund ist auch, dass die Balkanroute geschlossen wurde. Ein anderer ist die Wirtschaftskrise im Libanon, wegen der die dorthin geflohenen Syrer weiterziehen.
Manfred A. Lange
Zypern hat nur knapp 1,2 Millionen Einwohner. Im Jahre 2018 baten knapp 7800 Menschen um Asyl – zwei Jahre vorher waren es noch weniger als 3000. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl liegen die Zahlen der Asylsuchenden damit höher als in Malta und Griechenland. Die staatlichen Hilfseinrichtungen sind damit total überlastet. Die Flüchtlingslager sind überfüllt, immer mehr Menschen schlafen auf der Straße.
Die Caritas Zypern versucht zu helfen, wo sie kann. Ich engagiere mich im Vorstand und bin beeindruckt, wie viel die Mitarbeiter leisten. Ein typischer Fall: Eine 19-Jährige aus Kamerun kam auf die Insel. Sie hatte keine Kontakte, für sie gab es weder Anlaufstellen noch Hilfen. Sie wandte sich an ein Caritas-Zentrum für Migranten in der Hauptstadt Nikosia. Eine Mitarbeiterin half ihr, die notwendigen Formulare auszufüllen, vermittelte ihr rechtlichen Beistand und bot ihr eine erste Unterkunft an. Die Regierung unterstützt die Caritas in keiner Weise. Die meisten Mitarbeiter sind Ehrenamtliche. Sie füllen Lücken, die es eigentlich gar nicht geben sollte.