Die Wendung "Rest seines Erbteils" erschließt sich nicht leicht. Im Zusammenhang wird aber deutlich: Das Volk Israel hat eine Katastrophe erlebt, der nur wenige entrannen. Sie wurden verstreut und fragen: Wie geht es weiter? Worauf können wir noch hoffen?
Und obwohl große Teile des jüdischen Volkes vernichtet oder verschleppt wurden, erwarten die Beter dieses Liedes – oder Psalms – in Micha 7, Gott werde sie retten. Sie erinnern an eine frühere Zeit, in der Jerusalem auch fast ganz unterging. Propheten wie Jesaja hatten damals vor falschen Entscheidungen gewarnt und zur Umkehr aufgerufen. Jesaja (1,9) hatte auch von einem "Rest" gesprochen, der umkehren und nach einer Katastrophe übrig bleiben werde.
Dieses Wort greifen die Psalmbeter in Micha 7 auf. Sie geben damit zum Ausdruck, dass sie Gottes Gericht annehmen und zugleich um sein Erbarmen flehen. Die revidierte Lutherbibel von 2017 macht diesen Bezug auf Jesaja (und auf andere Propheten wie Jeremia und Amos) durch die Wendung "Rest seines Erbteils" sichtbar. Bis heute bitten Juden am Versöhnungstag (2018 am 18. und 19. September), Gott möge ihre Sünden vergeben. Nur so ist eine Versöhnung mit Gott und den Mitmenschen möglich.
Wo ist solch ein Gott, wie du bist, der die Sünde vergibt und erlässt die Schuld denen, die geblieben sind als Rest seines Erbteils; der an seinem Zorn nicht ewig festhält, denn er hat Gefallen an Gnade!