Herr Sanftenberg, ein junger Flüchtling aus Ghana will zurück in seine Heimat. Gibt es Hilfe für ihn?
Ralf Sanftenberg
Wie finden Flüchtlinge diese Angebote?
Es gibt hervorragende Webseiten wie Returning from Germany und Build your Future. Und von dort wird man weitergeleitet. Aber die Frage ist: Trauen sich die Menschen dann auch, dorthin zu gehen? Da gibt es nicht nur die Sprachbarriere. Gerade bei Menschen, deren Asylantrag noch läuft, herrschen große Ängste, dass staatliche Stellen dann auf sie aufmerksam werden. Das sind irrationale Ängste, aber sie sind da.
Gibt es viele Flüchtlinge, die nach Hause wollen?
Wenn wir Geflüchtete fragen, ob sie zurück nach Hause wollen, antworten fast alle mit "Ja". Tatsächlich geht es aber nicht nur um die Rückkehr, sondern um die Reintegration in ihren Heimatländern. In dem Fall des jungen Ghanaers: Wie ist die politische Situation? Hätte er in Ghana eine Chance auf einen Job? Eine Ausbildung? Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir wissen, was es dort, in Ghana, für Möglichkeiten gibt. Wenn wir ihm da helfen können, dann wird er auch zurückkehren.
Bekommt er diese gezielte Hilfe in der Beratungsstelle?
Genau da kommen wir ins Spiel. Nicht jeder Mitarbeiter einer Rückkehrberatungsstelle weiß, wie die Situation in Ghana ist. Deshalb hat uns das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) beauftragt, die Rückkehrberatungsstellen zu unterstützen. Die GIZ hat zurzeit 15 Scouts über ganz Deutschland verteilt. Diese Scouts kennen die Länder und wissen, wie die Situation in den entsprechenden Heimatländern ist. In diesem konkreten Fall würde also der Diakonie-Mitarbeiter unseren Scout für Ghana anrufen und der könnte dann genauer sagen, was dort möglich ist.
Und wie geht es in Ghana weiter?
Tatsächlich beginnt jetzt der eigentlich wichtigste Teil, die Reintegration in der alten Heimat. Stellen Sie sich vor, der junge Mann kommt nach Ghana zurück und scheitert. Dann werden seine Freunde sagen: Wärst du mal in Deutschland geblieben. Ganz anders bei einem erfolgreichen Wiedereinstieg: Der Mann bekommt eine Lehrstelle, er findet einen Job, er wird zu einem Vorbild.
Wie viele Beratungszentren gibt es und wo?
Unser erstes Zentrum öffnete 2015 im Kosovo, 2016 folgten Eröffnungen in Albanien und Serbien. Seit 2017 gibt es das Angebot in Tunesien, Marokko und Ghana. 2018 eröffneten Zentren im Senegal und im Nordirak, Nigeria ist geplant. Wichtig ist: Wir machen das nie allein, sondern immer in Kooperation mit den nationalen Arbeitsverwaltungen.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nennt die Zahl von 56 000 Geflüchteten, die 2016 aus Deutschland in ihre Heimat zurückkehrten. Wie viele davon kamen in Ihre Beratungszentren?
Wenn wir über Zahlen reden, dann ist ganz wichtig: Unsere Zielgruppe in den Ländern selbst sind nicht nur Rückkehrer, sondern vor allem die Menschen, die dort leben. Wir trainieren sie, helfen ihnen, ein Unternehmen zu gründen, veranstalten Infomessen und Karrierebörsen. Über 100 000 Menschen in den Ländern haben diese Angebote in den letzten Jahren angenommen. 4000 von ihnen haben dann einen Job gefunden oder sich selbstständig gemacht. Darunter waren 1000 Rückkehrer.
Das heißt, Ihre eigentliche Aufgabe ist die Beratung von Menschen, die gar nicht geflüchtet sind?
Unsere Angebote in Ghana sind offen für alle Ghanaer. Viel besser, als Menschen bei einer Rückkehr zu beraten, ist es, ihnen die Chancen zu zeigen, die sie in ihrer Heimat haben. So tragen wir auch dazu bei, dass weniger Menschen flüchten. Und wenn sie trotzdem nach Deutschland kommen wollen, dann können sie das unter bestimmten Voraussetzungen auch legal. Auch da beraten wir. Für uns steht der Mensch im Mittelpunkt.