Gestern Abend brachten wir die kleine Shirin mit ihrer Mutter
und den zwei Schwestern zum Flughafen. Die syrische Familie durfte
nach Deutschland fliegen, zum Vater,
nach drei Jahren Trennung. Sie brach auf mit vier großen Koffern, Freude, Aufregung und Tränen.
Mein Herz flog mit.
Über ein Jahr hatten die vier bei uns gewohnt, in einer von der Gemeinde angemieteten Wohnung für Flüchtlinge im Zentrum von Thessaloniki. Sie steckten hier fest, wie viele andere Frauen und Kinder, deren Männer schon in Ländern wie Deutschland leben. Wir haben uns zusammen durch die bürokratischen Hindernisse gewühlt, die der Weiterreise zum Vater entgegenstanden. Haben nach den richtigen Formularen und Anträgen gesucht. Waren erschreckt über Nachrichten aus Deutschland, dass Familienzusammenführungen begrenzt würden. Ließen abwechselnd die Hoffnung schwinden und wieder aufleben. Und immer hieß es: warten, warten, warten.
Große Aufregung, schlaflose Nächte
Anfang Dezember dann die Nachricht, dass sie im Januar reisen dürfen! Die Aufregung war groß, die Nächte schlaflos. Welche Sachen sollen mit? Wird
Shirin ihren Papa mögen, den sie fast nur vom Handy kennt?
Shirin ist vier, ein stiller Sonnenschein; sie mag Glitzer und die Farbe rosa. Seit sie acht Monate alt ist, ist sie mit ihrer Mutter auf der Flucht: Von Damaskus ging es in die Türkei, nach Lesbos in ein Lager, zu uns nach Thessaloniki. Auch in Deutschland wird die Familie erst einmal in einer Zentralunterkunft einquartiert, bevor die Familie zusammenwohnen kann. Wo und wie lange, weiß keiner. Der Vater, der in der Nähe von Stuttgart lebt, wird aber zum Flughafen kommen. Und vielleicht erhalten wir bald eine Whatsapp-Nachricht, dass sie gut angekommen sind. Ich werde darauf warten.