Auf dem Tahrir-Platz feierten die Bewohner Kairos 2011 die erste Revolution seit den Pharaonen. Die Bilder des Arabischen Frühlings zogen die Menschen überall auf der Welt in ihren Bann. Kairo wurde zur Drehscheibe der Hoffnung. Gut sechs Jahre später ist nichts davon geblieben. Die Menschen sind stumm und verängstigt. Die warmen Nächte verbringen sie zwar zwischen fliegenden Tee- und Cola-Verkäufern auf den Nilbrücken. Aber politisch haben sie sich wieder verkrochen in die Welt von Twitter und Facebook.
Politisch herrscht Friedhofsruhe. Mehr als 60 00 Menschen sind hinter Gittern, Hunderte Aktivisten spurlos in den Fängen des Geheimdienstes verschwunden. Und ein neues Gesetz, das die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen einschränkt, wird auch noch die Reste der Zivilgesellschaft ersticken.
Die Brutalität der Folter nimmt zu
Selbst das renommierte „Nadeem-Zentrum zur Behandlung von Opfern von Gewalt und Folter“, die einzige Hilfsadresse für Misshandelte im ganzen Land, wurde zum Aufgeben gezwungen. Seit der Gründung habe es in Ägypten noch nie solche Zustände gegeben, beklagt Nadeem-Mitbegründerin Aida Seif al Dawla beim Gespräch in ihrer Wohnung. Die Brutalität der Folter habe extrem zugenommen. In den Gefängnissen gebe es „exzessive sexuelle Gewalt“ – gegen Frauen und Männer gleichermaßen. Die heutigen Staatsschläger agierten ohne jede Skrupel und Gewissensbisse. Sie würden sich ganz offen mit ihren Untaten brüsten – getragen von einem durch Medien und Regime aufgehetzten öffentlichen Klima, sagt die Medizinprofessorin, die Psychiatrie an der Ain-Shams-Universität lehrt. „Wir werden euch die Luft zum Atmen nehmen“, habe ein Regierungsmitglied kürzlich zu ihr gesagt. „Und das ist das, was sie tun.“