Am Palmsonntag töteten Sprengsätze vor koptischen Kirchen in Tanta und Alexandria über 40 Menschen. Im Dezember starben 27 Kopten bei einem Attentat. Augenzeugen berichten, wie Tötungskommandos der Terrorgruppe IS auf der Halbinsel Sinai Christen hinrichten. Angeblich kursieren Todeslisten mit den Namen koptischer Christen. In Propagandavideos beschwört der selbsternannte „Islamische Staat“ den Kampf „gegen Christen und Kreuzfahrer“: eine Terrorkampagne, eine existenzielle Gefahr für Ägyptens koptische Glaubensgemeinschaft.
Und es droht der Exodus einer der ältesten christlichen Glaubensgemeinschaften. Die Flucht nach Deutschland scheint vielen Kopten naheliegend, leben doch seit Jahrzehnten koptische Gemeinden in Berlin, Bremen, Hamburg, Heidelberg und anderswo.
Anfang 2011, nach einem Anschlag in Alexandria, kam es auch in Deutschland zu Anschlagsdrohungen gegen Kopten: Das koptische Weihnachtsfest in Frankfurt fand unter Polizeischutz statt. Trotzdem werden die meisten der asylsuchenden Kopten in Deutschland seit Jahren nur geduldet. Sie erhalten kein Asyl, wurden bislang aber auch nicht abgeschoben. Bislang.
Ein unmoralischer Deal
In den vergangenen Monaten erhielten viele Kopten, die teils seit Jahren in Deutschland leben, einen Abschiebebescheid. Ausgerechnet jetzt, da in Ägypten die Gewalt gegen Kopten eskaliert, wollen die deutschen Asylbehörden sie zurückschicken. Woher der plötzliche Sinneswandel?
Eine mögliche Erklärung findet sich in der Antwort des Innenministeriums auf eine Frage der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/die Grünen. Darin heißt es: „Die Bundesregierung strebt mit Ägypten eine engere migrationspolitische Zusammenarbeit an.“ Im Klartext: Grenzen dicht! Kanzlerin Merkel machte sich bei einem Besuch in Kairo persönlich für ein Abkommen stark. Als Gastgeschenk erhielt das Regime von Präsident al-Sisi Kreditzusagen über 500 Millionen Euro und die Exportgenehmigung für 330 Raketen, made in Germany.
Als „konkrete Maßnahme“ wünscht sich die Bundesregierung im Gegenzug, dass Ägypten abgelehnte Asylsuchende aufnimmt. Die Gefahrenlage in Ägypten scheint dabei egal. Die ersten Opfer dieses unmoralischen Deals drohen nun ausgerechnet die besonders gefährdeten Kopten zu werden.