Blicke nach rechts und links, das Enkelkind fest an der Hand. Auf die Frage, was sich in ihrer Stadt verändert habe seit dem Attentat vor einem Jahr, am 14. Juli 2016, antwortet die Nizzaerin Martine: „Alles, einfach alles!“
Corinna Englisch-Illing
Der Anschlag traf Nizza mitten in die Seele. Auf der Promenade des Anglais, wo er passierte, patrouillieren heute immer wieder bewaffnete Soldaten. Jetzt, wo sich der erste Jahrestag nähert, werden es mehr werden.
Das Leid der anderen ging sehr nahe
Die Wunden sind noch tief. Jeder kennt Menschen, die Angehörige verloren haben. Und jeder hat seine eigene Geschichte zu verarbeiten. Die Frau, die ihren Sohn auf der Promenade stundenlang nicht finden konnte. Die Feuerwehrmänner, die vor Ort waren. Deren Mütter voller Angst.
Das Leid der Menschen ging sehr nahe, auch den Mitgliedern unserer deutschsprachigen Gemeinde. M. etwa dolmetschte für die Mutter einer getöteten deutschen Lehrerin, die verzweifelt Tage später immer noch nach ihrer Tochter suchte. Sie hefteten gemeinsam ein Gedenkfoto an eine Palme – und stehen bis heute in Kontakt. Und L. nahm Angehörige von deutschen Verletzten wochenlang bei sich auf.
Kann ich, die Pfarrerin, das alles einfach verdrängen? Wenn wir hier bald Konfirmation feiern, tun wir das mit dem Wissen, dass Zukunft nur möglich ist, wenn wir Vergangenes nicht ausblenden. Aber auch mit Freude und Zuversicht: Diese Stadt lebt – und wir mit ihr.