Kürzlich war Margot Käßmann zu Besuch im gefährlichsten Land der Welt. El Salvador führt mit durchschnittlich 18 Morden am Tag eine traurige Statistik an – und das bei nur rund sechs Millionen Einwohnern. Das liegt vor allem an den Kriegen zwischen den kriminellen Jugendbanden, die sich nach dem Ende des Bürgerkriegs 1992 gebildet haben. Sie nennen sich Maras nach den als aggressiv und blutrünstig bekannten Wander-Ameisen Marabuntas. Manche sagen, es sei mit der Gewalt heute schlimmer als vorher.
Als Pfarrer im Nachbarland Guatemala betreue ich auch die deutschsprachige Kirchengemeinde in San Salvador – der Hauptstadt El Salvadors – und begleitete Frau Käßmann bei ihrem Besuch der 1970 gegründeten evangelisch-lutherischen Kirche El Salvadors. Diese stellt sich an die Seite der armen Bevölkerung und richtete unter anderem ein Menschenrechtsbüro ein, das Anlaufstelle für Gewaltopfer ist. Sie hat im Bürgerkrieg vielen Menschen Zuflucht geboten und sucht jetzt mit den Maras den Dialog.
Manche sagen, die Gewalt heute sei schlimmer als früher im Bürgerkrieg
Wir trafen das Oberhaupt Bischof Medardo Gómez in einer Gegend mit zerbeulten Autos und ungepflegten Häusern. Hier, in der Kirche „La Resurrección“, hielt er einen Gottesdienst. Kaum einer der Besucher kam pünktlich, es gab Kopfhörer für die Simultanübersetzung, Livemusik vom Keyboard. Neben Margot Käßmann und mir waren noch zwei weitere deutsche evangelische Pastoren dabei. Sie haben sich aus vielen Gründen entschieden, hier zu leben und zu arbeiten, darunter auch: diese Kirche und Bischof Gómez. Er strahlt wirklich eine natürliche Autorität aus. Die Gesten langsam, aber bestimmt.
Seine Worte gewählt und trotzdem einfach. Nach der Andacht, in kleinem Kreis, berichtete er von dem Plan, eine Werkstatt einzurichten, in der Tätowierungen entfernt werden. Damit die, die aus einer Mara aussteigen und friedlich leben wollen, sich der äußeren Zeichen der Bandenzugehörigkeit entledigen können. Margot Käßmann zog einen Bogen von Martin Luther zur heutigen Ablehnung der Gewalt in den christlichen Kirchen. In Ländern wie El Salvador, so denke ich, ist diese Haltung besonders schwer – und besonders wichtig.