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Der Kirchentag ist zu Gast bei Bosch. Es geht um die Zukunft der Arbeit.
06.06.2015

Stefanie Kuhlmann ist Unternehmensberaterin und kommt aus Köln. Sie arbeitet zur Zeit häufiger für große Bankhäuser. "Ich möchte mal was anderes kennenlernen. Wie geht man in anderen Unternehmen miteinander um, zum Beispiel bei Bosch?" Joachim Prietzcker kennt Bosch von innen. Er leitet die Niederlassung der Firma in Nürnberg. "Ich finde es spannend, dass meine Firma beim Kirchentag mitmacht. Ich möchte gerne wissen, wie die Kollegen unser Unternehmen präsentieren." Michael Neuhof kommt aus Oldenburg und arbeitet gar nicht mehr. Mit 48 musste er aufhören. Die Belastung, vor allem die psychische Belastung war zu groß.

Es ist das erste Mal, dass der Evangelische Kirchentag mit einer großen Veranstaltungsreihe bei Unternehmen zu Gast ist. "Wir wollen ein Gespräch auf Augenhöhe", sagt Silke Lechner, Studienleiterin des Kirchentages und für die Themenauswahl zuständig. "Die Wirtschaft, das sind nicht die anderen, sondern wir alle zusammen." Die Volksbank, die Börse und Kärcher waren weitere Teilnehmer der Veranstaltungsreihe. Stuttgart ist ein Zentrum des deutschen Mittelstandes. Die Region zählt rund 1500 mittelständische Unternehmen. Hinzu kommen die  Hauptquartiere großer Firmen wie Daimler, Porsche und Bosch. "Wir sind offene Türen eingerannt", berichtet Lechner. In Stuttgart gäbe es viele Unternehmer mit christlichem Profil, die ein großes Interesse daran gehabt hätten, den Kirchentag, in ihre Räume einzuladen.

"Unternehmensvertreter werden auf dem Kirchentag oft ausgebuht"

Samstag Vormittag, die Besucher betreten das Werksgelände durch das Tor 1. In einem großen Raum mit Lüftungsrohren an der Decke nehmen alle Platz. "Ich finde es gut, dass man zu den Unternehmen geht", erzählt Stefanie Kuhlmann. "Es ist oft so, dass Unternehmensvertreter auf Kirchentagsveranstaltungen ausgebuht werden, hier wird das vielleicht anders sein." Die Karten für die Veranstaltung sind begrenzt, 200 Gäste sind zugelassen. Die Diskussionsrunden sollen klein gehalten werden. Auf dem Podium sitzen Rolf Bulander, Vorstand und Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH, Alfred Löckle, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats und Kerstin Griese, Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales in der SPD.

Wie sieht das Arbeiten der Zukunft aus, wenn es immer mehr Roboter gibt, wenn Unternehmen immer flexibler werden müssen und Arbeit immer prekärer und unsicherer? Das sind die Fragen, die im Raum stehen. Betriebsrat und Vorstand sind sich einig, bei Bosch hat man vieles richtig gemacht in der Vergangenheit. Es hätte kaum betriebsbedingte Kündigungen gegeben und man stehe für ein gemeinsames Ringen um gute Arbeit. Nun ginge es darum, die Chancen der neuen Technik zu ergreifen. Von Alfred Löckle kommt ein Ausblick: Mit hierarchischen Strukturen könne man nicht mehr weiter kommen. Teams müssten autonomer werden. Der Arbeiter der Zukunft brauche Raum für Kreativität. Applaus.

Einer schüttelt den Kopf

"Und was machen Sie in Konfliktsituationen", fragt Stefanie Kuhlmann. Da sei es wichtig, sich in die jeweils andere Partei hineinversetzen zu können, ist die Antwort. Man müsse dem anderen vertrauen können. Kuhlmann nickt anerkennend. Joachim Prietzcker ist nach der Veranstaltung zufrieden: "Das spiegelt die Kultur bei Bosch sehr gut wieder", sagt er. "Eigentlich schade, dass unsere Werte nicht allgemeingültig sind." Einzig Michael Neuhof schüttelt den Kopf. "Sie haben nicht gesagt, wie sie damit umgehen wollen, dass die Anforderungen und die psychische Belastung auf dem Arbeitsmarkt ständig steigen. Was sollen denn Leute wie ich tun?"

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