Über sechs Jahre ist her, da berichtete chrismon über Sextourismus und die Arbeit der Kinderrechtsorganisation ECPAT Deutschland. Der Verein kümmerte sich um missbrauchte Kinder - und tut es noch heute. Die Mädchen, die 2007 vielleicht 14 oder 15 Jahre alt waren, sind heute erwachsen und haben ein Kind von einem der ausländischen Freier - so wie es jetzt in der aktuellen chrismon-Geschichte erzählt wird.
Laut Schätzungen von Unicef werden allein in Asien jährlich eine Million Mädchen und Jungen für das Geschäft mit Sex ausgebeutet. Mal verborgen, mal sehr offensichtlich: in Luxusressorts und einfachen Hotels, in privaten Apartments, auf Yachten, in Bordellen oder in einer dunklen Ecke am Strand. Ein besonders erschreckender Trend ist auf den Philippinen zu beobachten: Kinder werden von ihren Eltern vor die Webcam gesetzt, während die Missbraucher auf der anderen Seite des Computers vorher per Kreditkarte bezahlen, wie der Spiegel vor einigen Monaten berichtete.
Als Teil eines internationalen Netzwerkes setzt ECPAT Deutschland an verschiedenen Stellen an. Zum einen bei der Strafverfolgung von Tätern. Was vielen Tätern nicht bekannt ist: Seit 1993 können Deutsche, die im Ausland Kinder sexuell missbrauchen oder Missbrauchsmaterial für die Onlineverbreitung herstellen, dafür auch in Deutschland vor Gericht gestellt werden. Dafür sind die Strafverfolgungsbehörden jedoch auf Hinweise von Reisenden angewiesen, am einfachsten über die deutsche Meldeseite www.nicht-wegsehen.net Wenn Reisende eine auffällige Situation beobachten, in denen Kinder gefährdet sein könnten, sich jedoch nicht sicher sind, ob dies bereits als eine Straftat gilt, können sie ihre Beobachtungen auch anonym ECPAT mitteilen. Über die Meldeseite besteht aber auch die Möglichkeit, sich direkt an die zuständige Stelle beim Bundeskriminalamt zu wenden.
Plakatkampagne Sommer 2015
Überall in Deutschland, auf Flughäfen, in der Deutschen Bahn sind die Plakate gegen Sextourismus in diesem Sommer zu sehen. Die deutsche Aktion ist Teil eines EU-geförderten Projektes „Don't look away!" (2012-2015), in dessen Rahmen seit März 2014 nationale Meldemechanismen entwickelt und bekannt gemacht werden. Insgesamt beteiligen sich 16 Länder daran. Über die europaweite Meldeplattform www.reportchildsextourism.eu werden Besucher auf die jeweilige nationale Website der Länder weitergeleitet bzw. bekommen Hinweise zu den nationalen Ansprechpartnern. Die zentrale Meldeplattform bündelt die europäischen Meldesysteme und bietet Reisenden weiterführende Informationen sowie Handlungsempfehlungen zum Kinderschutz - auch in deutscher Sprache.
Daneben appelliert ECPAT an die Verantwortung der Reisebranche und unterstützt Unternehmen bei der Implementierung eines Kinderschutzkodex im Tourismus, der von immer mehr Reiseveranstaltern mitgetragen wird. Dazu gehören schon lange nicht mehr nur die „klassischen“ Anbieter von Strandurlauben, sondern auch Reiseveranstalter für Geschäftsreisen, Wanderurlaube oder auch touristische Ausbildungsstätten. Denn den typischen Täter gibt es nicht - es kann jeder sein: Pauschaltouristen, Low-Budget-Reisende, klassische Individualisten, Geschäftsreisende und nicht zuletzt sog. expatriates oder Auswanderer.
Das internationale ECPAT Netzwerk besteht aus 86 Gruppen in 78 Ländern. Hinter dem deutschen Büro in Freiburg, als Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung, stehen 30 humanitäre Organisationen, Hilfswerke und Beratungsstellen wie Brot für die Welt - Evangelischer Entwicklungsdienst und Terre des Hommes Deutschland. ECPAT steht für End Child Prostitution, Child Pornography and Trafficking of Children for Sexual Purposes