chrismon: Stehend mit lauter Orgelbegleitung „O du fröhliche“ singen, das gehört ans Ende jedes Weihnachtsgottesdienstes. Warum?
Konrad Klek: Weil es für die Gemeinde toll ist, zum Schluss gemeinsam und pathetisch aus voller Brust zu singen. Da bei jeder Liedstrophe drei Zeilen immer dieselben sind, kann man es wunderbar auswendig singen. Das haben die Fachleute mit etwas Grummeln akzeptiert, seit 1993 steht das Lied im Hauptteil des Gesangbuchs.
Die Melodie stammt von einem sizilianischen Fischerlied – wie passt das zu Weihnachten?
So war es schon immer in der Liedgeschichte: Melodien werden übernommen, weil sie sich gut singen lassen. Die Melodie ist sehr volkstümlich, sie startet mit den Haupttönen des Kinderlieds „Backe, backe Kuchen“.
Der Verfasser Johannes Falk half Anfang des 19. Jahrhunderts in Weimar verwahrlosten Waisenkindern.
Überliefert ist, dass ein italienisches Waisenkind das Lied dem Hausvater so begeistert vorsang, dass Falk 1816 dazu einen deutschen, neuen Text schrieb, ein Allerdreifeiertagslied, damit die Kinder einen Grundbegriff vom ganzen Christentum kriegen. Falks Mitarbeiter Heinrich Holzschuher hat dann erkannt: Ein Lied ist entweder ein Weihnachtslied oder ein Osterlied oder Pfingstlied. Er schuf zwei neue Weihnachtsstrophen und rahmte damit ein Krippenspiel.
1813, während der napoleonischen Herrschaft, verlor Falk vier seiner Kinder durch Krankheit. Blendet „O du fröhliche“ die Realität aus?
Es heißt in der ersten Strophe: „Welt ging verloren“ – mit der Sünde. Der Ansatz ist sehr realistisch. Die Klammer ist positiv: „O du fröhliche“, weil die Gnade Gottes besungen wird. Weihnachten hebt den Mangel auf, der mit dem Sündenfall in die Welt gekommen ist.
Haben Sie einen persönlichen Bezug zu dem Lied?
An jedem Heiligen Abend spiele ich es zum Schluss der Christmette gegen 24 Uhr an einer romantischen Orgel – mit allen Beinen und Fingern, die mir zur Verfügung stehen. Das ist der Höhepunkt.