chrismon: Kadmium im Spinat, in Reis oder Raps – das klingt nicht gut...
Eva Marie Mühe: Nein. Kadmium ist ein giftiges Schwermetall. Es gelangt über Phosphatdünger in die Böden und Pflanzen.
Wozu kann zu viel Kadmium in unserer Nahrung führen?
Nierenschäden. Krebs. Knochenerweichung.
Warum ist es überhaupt im Kunstdünger?
Weil es in natürlichen Phosphatlagerstätten vorkommt. Mal mehr, mal weniger. Die Ressource Phosphat neigt sich dem Ende zu – daher wird abgebaut, was es noch gibt, und das ist häufig stärker mit Kadmium belastet.
Und wenn man weniger düngen würde?
Phosphat ist ein lebenswichtiger Stoff – für Menschen wie für Pflanzen. Da er sich recht schnell aus den Böden wäscht, muss man immer wieder nachdüngen. Und es wird weltweit immer mehr gedüngt.
Und Kadmium wäscht sich nicht aus?
Nein. Es lagert sich im Boden an. Die Pflanzen nehmen es wie andere Elemente auch auf.
Was tat man bisher dagegen?
Natürlich kann man kontaminierten Boden metertief abtragen. Das ist aber sehr kostspielig. Auf ehemaligen Industrieflächen wird das gemacht.
Aber es geht auch günstiger.
Ja. Wir hatten die Idee, dass bestimmte Bakterien und bestimmte Pflanzen gemeinsam verunreinigten Boden ganz einfach sanieren könnten. Die Hallersche Schaumkresse etwa kann viel Kadmium aufnehmen, andere Pflanzen wären da längst tot. Das ist ihre Nische in der Ökologie, sie lebt eben dort, wo mehr Metalle im Boden sind, im Harz oder im Schwarzwald.
Und die Bakterien?
Die habe ich aus Bodenproben, die ich aus dem Harz mitgebracht habe, isoliert und vermehrt: Geobacter metallireducens. Sie knabbern Minerale oder Bodenpartikel an, das Kadmium wird freigesetzt, und Pflanzen nehmen es auf. Ich konnte also zeigen, dass Bakterien die Aufnahme von Kadmium in der Pflanze noch verstärkt haben.
Tiefkühlspinat zurückgezogen - wegen Kadmium
Kommt die Schaumkresse nach der Ernte auf die Sondermülldeponie?
Nein, man kann sie verbrennen, aus der Asche Kadmium zurückgewinnen und in der Industrie wiederverwerten. Etwa für Batterien oder Elektrogeräte.
Geht das für alle Metalle im Boden?
Zink, Kupfer, Chrom, Arsen... Man schont mit diesem Verfahren die Bodenstruktur, die Fauna wird nicht zerstört. Und es ist günstig! Nur dauert es eben, bis das Schaumkraut gewachsen und geerntet ist. Aber danach ist der Acker saniert.
chrismon fragt junge Wissenschaftler, was sie antreibt und was sie in zehn Jahren wissen können
Agrarflächen in Holland, Frankreich und Deutschland sind grenzwertig belastet. Letztes Jahr musste ein großer deutscher Lebensmittelhändler seinen Tiefkühlspinat zurückrufen – wegen zu hohen Kadmiumgehalts. Aber dramatisch ist die Situation in Südostasien. Reis braucht viel Phosphat, und dort sind die Böden total vergiftet. 50 Prozent der Weltbevölkerung leben von Reis. Das ist eine Katastrophe.
Und in zehn Jahren?
...wäre ich froh, wenn unser Verfahren schon angewendet würde. Aber da müsste viel passiert sein: Es müssten weltweit Grenzwerte für die Bodenbelastung eingeführt worden sein – nicht nur in Europa. Es bräuchte auch Aufklärungskampagnen. In Südostasien etwa gibt es kein Bewusstsein für die Verseuchung der Böden. Erst dann werden sich die Bauern dort für die Sauberkeit ihrer Böden interessieren. Sie hätten ja sogar einen finanziellen Vorteil: Sie könnten die rückgewonnenen Metalle verkaufen.
Peter Rieß
Sehr geehrte Damen und Herren,
zu dem Interview mit Frau Mühe möchte ich einige Anmerkungen machen:
1. Cadmium gelangt nicht nur über Phosphatdüngemittel in den Boden sondern auch über die Luft , Kompost u.a.. Den lieben Gott vergessen Sie dabei auch, der hat uns das Problem nämlich beschert ( der Mensch verteilt diese Bescherung teilweise zwangsweise)
2. Kunstdünger ist negativ belegt und die Wahl dieses Wortes läßt darauf schließen, daß Sie nicht informieren sondern Stimmung gegen die Düngung ( Versorgung von Pflanzen mit Nährstoffen) machen wollen; richtig wäre mineralischer Einnährstoffdünger.
Ohne die Anwendung dieser Düngemittel würden wir heute hungern.
3. Phosphat wird praktisch nicht aus dem Boden ausgewaschen ( abhängig von Bodenart, Niederschlägen u.a.), das gilt auch für Cadmium.
4. Der Versuch Böden mit Pflanzen (Chinaschilf) zu entkontaminieren ist schon in den achtziger Jahren probiert worden also nichts Neues.
Bei den Versuchen ist es dann auch aus verschiedenen Gründen geblieben.
Warum soll man "nicht verfügbares" Cadmium mit Bakterien erst pflanzenverfügbar machen?
Es ist sinnvoller Flächen mit erhöhten Cadmiumgehalten , neben einer pH-Wert- Erhöhung , einer anderen Nutzung ( z. B. Aufforstung, nachwachsende Rohstoffe u.a.) zuzuführen.
5. Der Aussage über die Verbrennung der Pflanzen und der Wiedergewinnung von Cadmium aus der Asche kann ich auch nicht so zustimmen. Ist das Cadmium in der Asche oder ist Cadmiumchlorid vielleicht flüchtig ?
Ich glaube , dass viel passieren muss ( wenn alle Alternativen ausgeschöpft sind), damit das Verfahren angewendet wird.
Eine ökonomische Betrachtung wurde bei diesem Gespräch leider komplett vergessen.
Alles Gute
Peter Rieß
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
Cadmium wiederverwenden
Über das EU-weite Verbot von Cadmium in Akkumulatoren kann an sich unter http://de.wikipedia.org/wiki/Nickel-Cadmium-Akkumulator#EU-weites_Verbot informieren.
Cadmium ist als Krebserzeugend eingestuft: http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/pdfs/Aktualisierung_Cd_2011.pdf
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können