Es soll alles ganz demokratisch aussehen beim Seitenwechsel Richtung Russland. Die ost- ukrainischen Bezirke Donezk und Lugansk hielten ein Referendum zur Abspaltung von der Ukraine ab. Ein Referendum ist etwas Urdemokratisches: Das ganze Volk kann über seine politische Zukunft abstimmen, sich auch gegen die eigene Regierung stellen. Das Votum hat Gewicht – wenn es nach Recht und Gesetz zustande kommt.
Beim Referendum in der Ostukraine war das nicht der Fall. Es fehlte die Zeit für eine ausreichende Information über die Abstimmung und ihre Folgen. Es gab nicht genug Wahllokale, keine Quoten für eine Mindestbeteiligung, keine Wählerlisten – die Regierung in Kiew hatte die von den Separatisten besetzten Behörden einfach von den Computernetzen abgehängt. Gleichwohl erklärten sich die Separatisten zu Siegern. Eine einzige politische Farce, völkerrechtlich ohne Bedeutung, von keinem Staat der Welt außer Russland anerkannt. Russische Geheimdienstler waren auf der Krim und in der Ostukraine unterwegs, um Oppositionelle zu entführen und mit Gewalt zum Schweigen zu bringen.
Ein russischer Oberst kommandiert die Separatisten in Slowjansk. So viel zur Souveränität des ukrainischen Volkes. Aber ist es etwa besser, wenn Oppositions- führerin Julia Timoschenko angeblich am Telefon darüber fantasiert, am besten seien die „verdammten russischen Hunde zu erschießen“. Die Quittung kam prompt: Die Ukrainer wählten statt ihrer den Milliardär und Pralinenfabrikanten Poroschenko zum Präsidenten.
Es ist redlich, wie Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bei den Separatisten für einen Machtverzicht wirbt und bei ihren Kampfeinheiten die Abgabe der Waffen fordert. Aber in den Köpfen der russischen und ukrainischen Gegner regieren nicht die Gesetze der Demokratie, sondern des Geldes.
Die Ukraine hat beim russischen Staatskonzern Gazprom noch Rechnungen in Milliardenhöhe offenstehen. Russlands Präsident Putin, der nie um Großmachtallüren verlegen ist, weiß, wie weit er die Eskalation des Streits treiben darf. Nur die EU kann der Ukraine helfen, die offenen Rechnungen zu bezahlen. Die Werte, die bei Putin besonders zählen, sind die, die sich in Euro und Rubel berechnen lassen.
Im Konflikt um Krim und Ostukraine zählen Rubel mehr als Worte
Leseempfehlung
Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar.
Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab,
schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder
diskutieren Sie auf Instagram,
Facebook und
LinkedIn mit.