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Mit der Klicksonar-Technik können Blinde ihre Umgebung besser erfassen
Gabriele MeisterLisa Strieder
04.12.2013

chrismon: Ihr Verein setzt sich für die Verbreitung der Klicksonar-Technik für Blinde ein. Was kann man damit machen?

Steffen Zimmermann: Der Klicksonar funktioniert ähnlich wie Echoortung bei Fledermäusen: Blinde Menschen, die diese Technik beherrschen, können mit der Zunge schnalzen und sich über das Echo ein Bild ihrer Umgebung machen – sie hören zum Beispiel, dass dort ein Tisch steht und darauf eine Plastikschüssel. Erfahrene Anwender rennen nicht mehr gegen Zweige und Lkw-Rampen, die sie mit dem Stock nicht ertasten können.

Wie funktioniert das?
Das Gehirn eines Sehenden hat von Geburt an erfahren, dass Hall und Echo die Verständigung erschweren. Deshalb filtert es solche Geräu­sche aus dem Hör­eindruck heraus. Bei Klicksonar-Anwendern hat es stattdessen gelernt, Echos in den visuellen Cortex zu schicken. Das ist das Gehirnareal, in dem ­aus Echoinformationen ein dreidimen­sionales Bild wird.

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Kann man statt zu schnalzen auch klatschen oder schnipsen?
Nein. Der Abstand zwischen Tonquelle und Ohr muss immer gleich sein; sonst wird das Bild ungenau und das Gehirn kann es nicht unbewusst verarbeiten.

Wie sind Sie auf diese Technik ge­stoßen?
Als unsere Tochter 2008 blind geboren wurde, suchten meine Frau und ich nach Fördermöglichkeiten. Ein Kollege erinnerte mich an einen populären Youtube-Film von Daniel Kish, einem Blinden, der mit Klicksonar sogar Rad fahren kann.

Warum haben Sie dann noch einen Verein gegründet?
Es geht uns nicht nur um un­sere Tochter und auch nicht darum, diese oder jene Technik zu vermitteln, sondern um die persönliche Freiheit blinder Menschen: Wir wollen die Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes Leben verbessern. Mobilitätstrainer, die sich zumindest ein bisschen mit Klicksonar auskennen, gibt es in Deutschland erst, seitdem wir Daniel Kish und andere aus den USA zu Schulungen einladen. Das finanzieren wir durch Spenden. Deshalb der Verein.

###mehr-extern### Haben Blindenstöcke nun ausgedient?
Nein. Nur Oberflächen, auf die der Schall im Winkel von etwa 80 bis 100 Grad trifft, werfen ein brauchbares Echo zum Sender zurück. Löcher auf der Straße, Bordsteine und auch sehr schmale Objekte bleiben verborgen. Ohne Stock auf die Straße zu gehen wäre lebensgefährlich.

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