Erträgt die Kirche Satire?
Nicht alle Menschen können es ertragen, wenn man sich über ihren Glauben lustig macht
Portrait Eduard KoppLena Uphoff
07.08.2013

###autor### Die Folgen waren absehbar – nicht in ihrem ungeheuren Ausmaß, aber in ihrer reflexhaften Art. Denn so, wie der dänische Karikaturist Kurt Westergaard den Propheten Allahs, Mohammed, gezeichnet hatte, konnten gläubige Muslime nur erbost sein: Im Turban des bärtigen Mannes ist eine Bombe versteckt, oben schaut eine brennende Lunte heraus. "Jyllands Posten", eine konservative dänische Tageszeitung, hatte diese Karikatur zusammen mit elf weiteren gedruckt. Eine zeigt den auf Wolken stehenden Propheten, wie er eine anstürmende Schar erregter Selbstmordattentäter mit den Worten empfängt: "Halt, halt! Die Jungfrauen sind vergriffen."

Zwölf Mal Mohammed, zwölf Mal Satire. Prompt protestierten muslimische Verbände in vielen Ländern der Welt. Im Nahen und Mittleren Osten kam es zu gewaltsamen Demonstrationen, zur Zerstörung dänischer Botschaften und zum Boykott europäischer Exportgüter.

Beileibe nicht alle Menschen können es ertragen, wenn man sich über ihren Glauben lustig macht. Auch die Kirchen beklagen häufig Grenzüberschreitungen in Satire und Comedy, Film und Kunst. Wenn der österreichische Karikaturist Gerhard Haderer Jesus Christus auf einem Surfbrett über das Wasser gleiten und sein Gewand als Segel benutzen lässt, ist das ein spöttischer Umgang mit der Kernperson des Christentums. Dies wird manche Betrachter verletzen, andere zum Nachdenken über ihre eigenen religiösen Vorstellungen motivieren.

Im konkreten Fall begründeten Muslime ihre Proteste damit, dass es verboten sei, den Propheten Mohammed im Bild zu zeigen. Dieses Bilderverbot hatte aber den Grund, die Anbetung beziehungsweise übertriebene Verehrung des Propheten zu verhindern. Diese Verehrung stehe ausschließlich Allah zu.

Es hat wohl eher mit ihrem außerordentlichen Respekt für den Religionsstifter Mohammed zu tun, dass viele Muslime auf Satire ganz und gar humorlos und vielfach aggressiv reagieren. Sie machen, anders als es im christlichen Kulturraum üblich ist, kaum einen Unterschied, ob sich die Satire gegen Gott (beziehungsweise einen Propheten) oder aber gegen die menschlich, allzu menschlichen Verhaltensweisen der Gläubigen richtet. Da wissen Christen durchaus zu unterscheiden: Wenn Satiriker mit dem ans Kreuz geschlagenen Sohn Gottes derbe Späße treiben (so zeigte das Satireblatt "Titanic" einmal auf der Titelseite den gekreuzigten Christus als Toilettenpapierhalter), dann ist das nicht hinnehmbar. Geht es um die Ironisierung von Frömmelei, religiöser Naivität oder doppelter Moral, so können auch fromme Christen lachen.

Die Kirchen tun gut daran, überzogene Satire zu kritisieren

Blasphemie, also Gotteslästerung, ist durchaus ein Thema für die Kirchen, wird aber im deutschen Strafrecht inzwischen nicht mehr uneingeschränkt sanktioniert. Die Beschimpfung von Bekenntnissen beziehungsweise von Religionsgemeinschaften (Paragraph 166 Strafgesetzbuch) ist nur dann strafbar, wenn sie "geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören". Kampagnenartige Proteste konservativer religiöser Gruppen sind aber noch kein Beweis für einen tatsächlich gestörten öffentlichen Frieden.

Die Grundrechte der Religionsfreiheit und der Kunstfreiheit sind hohe Güter. Es bedarf großer Sorgfalt, diese beiden Rechtsgüter auszutarieren. Die Kirchen tun gut daran, überzogene Satire zu kritisieren. Und sie pochen mit Recht darauf, dass Journalisten ihre eigenen Berufsregeln einhalten und zum Beispiel nichts veröffentlichen, was das "religiöse Empfinden" von Personengruppen erheblich verletzen könnte (Deutscher Pressekodex).

Religionsgemeinschaften können in unserer Gesellschaft also Respekt erwarten – aber kein Satireverbot für religiöse Themen und schon gar nicht die unreflektierte Übernahme ihrer Auffassungen. Die westlichen Demokratien können und wollen nicht hinter die Epoche der Aufklärung und die damit verbundene Hochachtung der Meinungs- und Kunstfreiheit zurückfallen.

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