Jens Jeske / www.jens-jeske.de/fotofinder
Spätes Gedenken
14 Jahre dauerte es, bis das Mahnmal für die verfolgten und ermordeten Sinti und Roma in Berlin endlich fertig war. Heute wird es eingeweiht. Ein Gespräch mit dem Künstler Dani Karavan
Ruthe Zuntz
24.10.2012

Ein Meditationsort soll das Denkmal nach Karavans Willen sein: ein zwölf Meter großes rundes Becken gegenüber vom Reichstag. Die schwarze Beckenwand lässt die Wasseroberfläche wie ein Loch wirken, in das die Spiegelungen umherstehender Besucher kopfüber hineinstürzen.

Ein graues Dreieck in der Mitte des Beckens erinnert an den Winkel, das Schandmal der Sinti- und Roma-Häftlinge in Konzentrationslagern. Aus dem Dreieck soll täglich eine frische Wiesenblume aufsteigen, abends versinkt sie wieder im Wasser. Sie erinnert an die Blumen, die über den anonymen Massengräbern der Ermordeten wachsen. Wegen der Blumen muss das Mahnmal täglich gepflegt werden. So wird jeder Tag ein Gedenktag.

Auf dem Rand des Beckens steht das Gedicht des Roma-Dichters Santino Spinelli, Italien: „Eingefallenes Gesicht / erloschene Augen / kalte Lippen / Stille / ein zerrissenes Herz / ohne Atem / ohne Worte / keine Tränen“.

Aus versteckten Lautsprechern erklingt ein dezenter Geigenton. Um das Becken herum werden auf gebrochenen Steinen die Namen von etwa 60 Vernichtungs­lagern eingemeißelt. Auf zwei großen Glaswänden wird der Völkermord an den Sinti und Roma dokumentiert.

Wie kamen Sie an den Auftrag, das Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma zu entwerfen?

Dani Karavan: Der Vorsitzende des Zentralrats der Deutschen Sinti und Roma, Romani Rose, hat mich 1998 dazu einge­laden. Ich bin Nachfahre einer Familie, die in der Schoah beinahe ausgelöscht wurde. Und sicherlich spielte auch eine Rolle, dass auf meinem Nürnberger Denkmal, der „Straße der Menschenrechte“, ein Menschenrechtsartikel in Romanes, der Sprache der Roma steht.

Seit 14 Jahren arbeiten Sie an dem Projekt. Wie halten Sie das so lange durch?

Mir geht es um die Rechte der Sinti und Roma. Ich bin all diese Jahre bei diesem Projekt geblieben, damit es auch wirklich fertig wird. Der Zentralrat der Sinti und Roma hat mir immer den Rücken gestärkt und alles getan, um mögliche Krisen zu verhindern.

Sie mussten mehrere Rückschritte hinnehmen. 2010 ließen Sie die Bauarbeiten einstellen. Warum?

Es gab viel Ärger. Der Berliner Senat und das zuständige Architekturbüro hatten Material ausgewählt, das mir ungeeignet erschien. Vor kurzem stellte sich heraus, dass Wasser in das Becken von unten eindrang. Man musste rund 60 Löcher zustopfen, die die Bauleitung übersehen ­hatte. Außerdem steht eine Bushaltestelle da, wo der Eingang zum Denkmal sein sollte. Es hieß, es sei unmöglich, die Haltestelle zu verlegen. Wir mussten einen neuen Eingang planen. All das kos­tete Zeit.

Was passiert bei der Einweihung am 24. Oktober?

Es wird eine würdige Zeremonie geben, wir werden das Gelände mit der Bundeskanzlerin betreten, der Stein mit der ­Blume wird aufsteigen und die Musik ­ertönen.

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