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Wie über Menschen schreiben, die keine Fantasiegeschöpfe sind, die wirklich gelebt haben? Dass sich das sehr unterschiedlich umsetzen lässt, zeigen zwei schmale Bücher von Richard Ford und Joseph Andras. Der 1944 geborene amerikanische Romancier Ford erinnert sich in "Zwischen ihnen" auf liebevolle, wunderbar leichte Weise an seine Eltern. Sie heirateten 1928 jung und führten eine unkonventionelle Ehe: Der Handelsvertreter Parker Ford hatte Wäschestärke zu verkaufen, das Paar bereiste dazu gemeinsam den Süden der USA. Fords Porträts seiner Eltern sind geprägt vom Gefühl unverbrüchlicher Liebe, das viele Jahre nach deren Tod nichts von seiner Stärke verloren hat, und sie erzählen nebenbei vom Leben in der amerikanischen Provinz.
Rainer Moritz
Sein vier Jahrzehnte jüngerer französischer Kollege Joseph Andras zeigt in seinem auf einer "wahren Geschichte" beruhenden Debüt, wie bewegende engagierte Literatur heute aussehen kann. Er erzählt den Fall des jungen Fernand Iveton, der 1956 im Kampf für die algerische Unabhängigkeit eine Bombe legt und, obwohl dabei niemand zu Schaden kommt, allen Interventionen zum Trotz zum Tode verurteilt wird. Andras rührt in einer der tiefsten Wunden der französischen Geschichte und erinnert an nicht zu vergessendes Unrecht – auf eine stille Weise, die Literatur zum beeindruckenden Aufklärungsinstrument macht.
Richard Ford: Zwischen ihnen. Übers. Frank Heibert. Hanser Berlin, 144 Seiten, 18 Euro.
Joseph Andras: Die Wunden unserer Brüder. Übers. von Claudia Hamm. Hanser. 157 Seiten, 18 Euro.