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Zwei Schweizer haben wohl die besten deutschsprachigen Romane dieses Frühjahrs geschrieben, und beide erzählen von Männern, die sich an einem Scheidepunkt ihres Lebens befinden. „Hagard“ von Lukas Bärfuss ist die verstörende Geschichte eines Immobilienmaklers, der aus seinem eingespielten Alltag herausgerissen wird, als ihn auf einer Rolltreppe der Anblick einer Frau, genauer: ihrer pflaumenblauen Damenschuhe, gefangen nimmt. Er lässt seine Geschäfte Geschäfte sein, folgt der Unbekannten, gibt binnen weniger Stunden seine bürgerlichen Sicherheiten auf und bleibt verstört – so das titelgebende französische Adjektiv „hagard“ – zurück.
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Ein verwandtes Gefühl greift Bärfuss’ Landsmann Jonas Lüscher in seinem philosophischen Roman auf. Dessen Hauptfigur, der Tübinger Rhetorikprofessor Richard Kraft, steht vor dem Scheitern seiner zweiten Ehe und ist, auch deswegen, in finanziellen Nöten. Dankbar nimmt er eine Einladung an die Stanford University an, wo er die von einem reichen Stifter ausgelobte Summe von einer Million Dollar dadurch erlangen will, dass er dessen Preisfrage „Warum alles, was ist, gut ist und wir es trotzdem verbessern können“ beantwortet. Doch je länger der einst streng neoliberal gesinnte Kraft nachdenkt, desto größer sind seine Zweifel, ob es für den Zustand der Welt überhaupt Lösungen gibt. Verstörung, wohin das Auge blickt.