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Je trüber und dunkler sich der Winter gibt, desto größer die Sehnsucht, sich in den Süden aufzumachen, der Sonne entgegen. Hanns-Josef Ortheil erinnert sich in seiner "Mittelmeerreise" quasi an sich selbst. 1967 besteigt er als 15-Jähriger mit seinem Vater, einem gebildeten, liebevollen Landvermesser, ein Frachtschiff in Antwerpen, um eine dreiwöchige Reise bis nach Istanbul zu unternehmen. Das Buch gibt, ergänzt durch Aufzeichnungen des Vaters, den verblüffenden, unveränderten Text des Heranwachsenden wieder, erzählt auf angenehm gemächliche Weise von einer trauten Vater-Sohn-Beziehung, von der eigenwilligen Crew und von Landausflügen zu Zeiten, als der Tourismus noch nicht wütete. Und von der feurigen Griechin Delia, die den jungen Hanns-Josef nicht nur mit Küssen verwirrte . . .
Fast zwanzig Jahre hat Manfred Hammes an seinem "Reiseverführer" gearbeitet. Sein "Durch den Süden Frankreichs" ist ein prachtvoll ausgestatteter Band geworden, der vor Erzähllust sprüht und Kulinarik, Kunst und Literatur brillant zusammenfügt. So werden wir an Georges Brassens, Juliette Gréco, André Gide oder Albert Camus erinnert, erfahren, woraus eine richtige Bouillabaisse besteht, welche Marseille-Krimis man lesen sollte und in welchem südfranzösischen Örtchen Boule mit viereckigen Kugeln gespielt wird. Und so erliegt man diesem Buch schon nach wenigen Seiten und fiebert dem Sommer, der Provence und dem Midi entgegen . . .
Hanns-Josef Ortheil: Die Mittelmeerreise. Luchterhand. 640 Seiten, 24 Euro.
Manfred Hammes: Durch den Süden Frankreichs. Nimbus. 704 Seiten, 29,80 Euro.