- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
Der Engländer Julian Barnes zählt zu den vielseitigsten europäischen Erzählern. Das beweist er erneut in "Die einzige Geschichte", ausgehend von einem scheinbar banalen Setting: Ein 19-Jähriger, Paul, verliebt sich beim Tennisspielen in eine fast dreißig Jahre ältere, verheiratete Frau, Susan. Allen Widerständen zum Trotz – man schreibt die 1960er Jahre – werden die beiden ein Paar und bleiben es über zehn Jahre. Worum es geht, ist die "einzige" Liebesgeschichte, die jedes Leben dauerhaft zu bestimmen scheint. Bis Susan nach und nach dem Alkohol verfällt und ihr Zusammensein mit Paul zur Tragödie gerät – und über Tragödien weiß kaum jemand so reflektiert und anrührend zugleich zu schreiben wie Julian Barnes.
Rainer Moritz
Ganz anders die Koreanerin Han Kang, die auch hierzulande durch ihren Welterfolg "Die Vegetarierin" bekannt wurde. "Deine kalten Hände" (im Original bereits 2002 erschienen) erzählt von dem Bildhauer Jang Unhyong, der plötzlich verschwindet und kaum mehr als seine Kunst und ein Tagebuch zurücklässt. Dieses ist getragen von der Suche nach Nähe und Liebe zu einer jungen Frau, der er zufällig im Theater begegnete und deren fragende Blicke er nie vergessen hat. Ein verstörendes Buch, geschrieben in jenem für Han Kang so markant spröden Ton, der zurückgenommen ist und hinter die "Masken" der Menschen blickt.
Julian Barnes: Die einzige Geschichte. Übers. Gertraude Krueger. Kiepenheuer & Witsch. 304 Seiten, 22 Euro
Han Kang: Deine kalten Hände. Übers. Kyong-Hae Flügel. Aufbau. 312 Seiten, 22 Euro