chrismon: Dürfen wir Fisch essen?
Karoline Schacht: Ja, aber den richtigen. Zum Beispiel MSC-zertifizierten Seelachs aus dem Nordostatlantik. Oder Bioforelle aus europäischer Zucht.
Das MSC-Siegel für umweltfreundlich gefangenen Fisch sieht man häufig in Discountern. Wie kommt das?
Ein Drittel der weltweiten MSC-Produkte wird in Deutschland verkauft, weil die Kunden hier sehr gut informiert sind. Wenn wir einen Fisch auf der roten Liste führen, geht die Nachfrage zurück. Darauf reagiert der Handel, fast alle Supermarktketten haben sich eine nachhaltige Fischeinkaufspolitik verordnet.
Gibt es dadurch mehr Fische?
Das ist im weiten Raum der Ozeane schwierig zu beziffern. Ein klarer Gewinn ist, dass die MSC-zertifizierten Fischereien weniger unerwünschten Beifang produzieren und die Lebensräume schonen. In der südafrikanischen Seehechtfischerei verendeten früher jährlich 18 000 Seevögel, heute sind es wenige Hundert.
Ersetzt das Siegel eine Fangquote?
Nein! Wir brauchen Fangquoten, um den Zugriff auf die Fischbestände zu begren-zen. 1600 Wissenschaftler im Internationalen Rat zur Erforschung der Meere ermitteln jedes Jahr, was den Fischbeständen zuzumuten ist. Am Ende entscheiden aber Politiker, die oft andere Interessen haben. So lagen die Fangquoten in Europa im Durchschnitt der letzten fünf Jahre fast 40 Prozent über den Empfehlungen. Dabei könnten sich einige Bestände schon erholen, wenn die Quoten eingefroren würden.
Was ist von Aquakulturen, also der Fischzucht, zu halten?
Es kommt bereits halb so viel Fisch aus Aquakulturen wie aus dem Meer, aber der gezüchtete Fisch bringt doppelt so viel Geld. Das zerstört Küstenlandschaften: Mangroven müssen Shrimpzuchten weichen, Fäkalien und Medikamente geraten ins Meer. Problematisch ist die Zucht von Raubfischen wie Lachs oder die Mast von Thunfisch, weil sie wiederum selbst Fisch fressen: Für ein Kilo Lachs braucht es rund vier Kilo an Fisch als Zufütterung, für ein Kilo Thunfisch sind es 15 Kilo. Wenn der nicht aus nachhaltiger Fischerei kommt, sind Aquakulturen eine Konkurrenz zur Fischerei und keine sinnvolle Ergänzung.