dpa/epa Jawed Kargar
Tim Wegner
02.02.2011

Waren Sie in letzter Zeit mal in einem Einwohnermeldeamt? Man kommt da ja nicht so oft hin. Personalausweise gelten zehn Jahre, Führerscheine sogar ein Leben lang. Wer allerdings, wie wir, kurz vor den Ferien merkt, dass die Kinder jetzt doch schon einen eigenen Pass brauchen mit eigenem Foto – der sitzt denn schon mal morgens um sieben in der Meldehalle. Und hat Zeit zum Nachdenken.

Erstens: Hui, die haben um sieben schon auf. Und sogar abends bis neun. Und es sieht gar nicht mehr so aus wie bei Kafkas „Der Prozess“. Nein, deutsche Bürgerämter haben sich gemausert. Sie sind heller geworden, transparenter, kundenfreundlicher. Sogar Kaffeemaschinen und Grünpflanzen stehen da. Und das ist gut so. Der Staat begegnet seinem Bürger heute nicht mehr von oben heran, sondern als Dienstleister. Die Mitarbeiterinnen tragen Namensschilder, sind geschult und freundlich. Und helfen einem auch dann, wenn man – wie in unserem Fall – so schlau ist, beim Fotoautomaten die falschen Geldstücke einzuwerfen.

Wer sich auf Augenhöhe begegnet, muss sich auch gegenseitig in die Augen blicken können

Am Fotoautomaten – zweitens – fällt auf: So anfassbar und erkennbar der Staat sich hier präsentiert, so erkennbar muss auch der Bürger sein. Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dieses Poster, das an den Passbildautomat gepinnt ist: Grüne Haare ins Gesicht – sieht nicht nur aus wie „Shrek“, sondern geht nicht, weil der Mensch drunter nicht erkennbar ist. Schwarze Autonomenkappe geht nicht. Und Schleier geht natürlich auch nicht

Drum ist es mehr als eine Lokalposse, dass ausgerechnet bei einem Frankfurter Bürgeramt jetzt eine Muslima mit Burka arbeiten will. Geht gar nicht. Wir wollen eine moderne Verwaltung. Wir haben jahrelang dafür gekämpft, dass wir als Bürger alles von diesem Staat erfahren dürfen, was er weiß. Informationsfreiheitsgesetz heißt das, noch ist es nicht perfekt ausgeführt, aber die Idee ist: Der Staat lässt sich in die Karten gucken. Und natürlich auch ins Gesicht.

Das war alles auch in Deutschland mit seiner langen Tradition von Obrigkeitsstaat nicht einfach durchzusetzen. Und es ist auch noch nicht perfekt. Aber die Richtung stimmt, wir modernen Bürger und Patienten und Verbraucher begegnen unseren Beamten und unseren Ärzten und unseren Geflügelherstellern so gut es geht „auf Augenhöhe“. Dazu müssten wir ihnen halt auch in die Augen gucken können. Wer sich freiwillig verschleiert, soll dann bitte woanders arbeiten.

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Ist doch mMn auch kein Ding-während der Arbeit gibt es idr Arbeitskleidung und der Chef darf vorschreiben,wie man das Unternehmen zu vertreten hat. Natürlich finde ich es persöhlich schön wenn man sich da frei entfalten darf, also gern auch tätowiert oder gepierct arbeiten oder auch mit Kopftuch,aber das Gesicht sollte eben frei bleiben, der Kommunikation willens. Aber der Staat hat kein Recht 1 Frauen wegen ihrer Kleidung ein Berufsverbot zu verpassen und 2. irgendjemand vorzuschreiben wie er sich nicht zu kleiden hat. Das hat privat zu bleiben und ich finde es ein Unding, dass man aufheult wenn ein Lehrer wegen der Parteizugehörigkeit Berufverbot bekommen aber wenn Frauen vorverurteilt werden und ein berufsverbot bekommen,weil man ihnen PAUSCHAL UNTERSTELLT, sie wären gegen diese gesellschaft (aber sie weder fragt noch ihre mitreligiösen beachtet sondern nur seine vorurteile pflegt-das interessiert keinen. Das wird gefeiert. das ist der punkt wo ein land diskriminiert und die bevölkerung lernt,wie es geht. Denn wenn schon das land gegen rechte verstößt und leute pauschal vorverurteilt,warum sollte es dann nicht der bürger tun? Ikea, die englische Polizei und viele Betriebe haben schon kopftücher designen lassen weil sie kapiert haben-Tuch ist keine Absage an die Gesellschaft (sonst würde man sich sicher nicht bei der Polizei bewerben) sondern ein individueller ausdruck der eigenen religiösität, ein Modeaccesior oder was auch immer die Trägerin damit intendieren will-wenn man sich nicht sicher ist-einfach mal nachfragen, wir beissen nicht. Hier in Deutschland werden Frauen mit Kopftuch nicht eingestellt. In einer Studie wurde getestet-4 gefakte personen verschickten exakt die Gleichen bewerbungsunterlagen-gleiche Qualifikation und inhalten. Ein Deutscher, eine Deutsche Frau und ein Mann mit auf migratonshintergrund schliessbarem Namen sowie eine Muslimische Frau waren als Bewerber geschaffen worden. Die meisten Antworten bekam der dt Mann, danach die Dt Frau. Danach der Türkisch klingende Mann. Die Muslima kam keine antwort. KEINE-bei 50 bewerbungen die gut qulifiziert waren, die EXAKT den gleichen inhalt hatten. Rassismus. Warum sollte der chef nicht genauso sein wie der staat der uns pauschal antidemokratische tendenzen und anderen Müll unterstellt, Und wenn man sich beschwert, dann ist man beleidigt. Es wird einem abgesprochen, sich verletzt zu fühlen, wenn man beleidigt, bespuckt, ja sogar misshandelt und diskriminiert wird. man stellt sich an. Ich bin deutsch, (meine eltern sind deutsch-okay, meine eine Oma kommt aus königsberg und der Opa meines opas war russe..) also komt das genetische Beleidigtsein was sarrazin und co unterstellen schonmal nicht hin. Die Menschen haben ihr vorurteil und sind null bestrebt,es zu ändern. Man kann noch so auf die Leute hinzuegehen, sie separieren sich oft selbst.Leider. Dabei beissen wird wirklich nicht, man kann uns also freundlich ansprechen. (Außer vielleicht wenn jemand mit seiner Frage schone ine suggestive Aussage macht und einen vorweg gleichmal diffamiert oder als Gesprächspartner unmöglich macht.) Ich trage das Tuch noch nicht lange aber kann sagen, dass ich in den 23 Jahren meines lebens insgesamt besser behandelt worden bin als in dem Monat seitdem ich Tuch trage. Dieser Monat hätte halt für 23Jahre fiesigkeiten vermutlich gereicht. So ist der Mensch-er fürchtet was er nicht kennt, er hat sein Bild im Kopf und wen jemand dem widerspricht ist er die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Ärgerlich.