An welchen Gott glauben Sie?
Gott gibt es für mich seit meiner frühesten Kindheit. Ich habe früher mit meiner Mutter jeden Abend gebetet, und das mache ich für mich heute noch. Im Gebet geht es um das, was am Tag passiert ist, um Dinge, die mich bewegen, die mir auf der Seele liegen. Es gibt ja immer Situationen im Leben, in denen es einem nicht so gut geht, und dann ist Gott ein Anker. Margot Käßmann hat das sehr schön ausgedrückt: „Du kannst nie tiefer fallen als in Gottes Hand.“ Ich fühle mich in Gott und in meinem Glauben aufgehoben.
Was können Erwachsene von Kindern lernen?
Im Jetzt zu leben. Als Kind konnte ich das viel besser als heute. Als Erwachsener macht man gern den Fehler, immer nur an die Zukunft zu denken und weniger an die Gegenwart. So kann das Leben schnell an einem vorbeirauschen. Viele Menschen sind tief in ihrem Arbeitstrott versunken und nehmen Termine und Aufgaben noch ins Wochenende mit. Sie kommen gar nicht mehr dazu, den Alltag zu genießen und gedanklich abzuschalten. Mir geht es leider häufig auch so.
In welchen Momenten fühlen Sie sich lebendig?
Wenn ich mit vertrauten Menschen zusammen bin. Ich genieße es, mit meiner Familie oder meinen Freunden Zeit zu verbringen, gerade weil diese freie Zeit bei mir sehr knapp bemessen ist. Häufig muss ich ein Treffen Monate im Voraus planen. Auch beim Joggen fühle ich mich lebendig. Oder besser gesagt: nach dem Joggen. Ich laufe, wenn’s geht, drei- bis viermal pro Woche, zur Not gehe ich auch erst um 22 Uhr los, um den Tag hinter mir zu lassen.
Hat das Leben einen Sinn?
Ja klar! Auch wenn ich diesen Sinn nicht unbedingt konkret benennen könnte. Aber es gibt Momente wie die Geburt meiner kleinen Nichte, das Zusammensein mit meinen Eltern oder den Tag, an dem ich geheiratet habe, da habe ich aus tiefstem Herzen gespürt: Ja, das Leben hat einen Sinn. Man kann seinem Leben natürlich auch selbst Sinn verleihen. Da hat jeder Mensch seine ganz persönlichen Ziele und Vorhaben. Mich freut es vor allem, zu sehen, dass sich viele Menschen sozial engagieren. Häufig kann mit geringem Aufwand große Hilfe geleistet und vor allem viel Freude bereitet werden – zum Beispiel, indem man pflegebedürftigen Menschen die Zeitung vorliest oder mit ihnen spazieren geht und sich unterhält. Das klingt banal, aber es sind doch oftmals diese kleinen Freuden im Leben, die nicht nur andere, sondern auch einen selbst glücklich machen – und die dem Leben damit auch einen Sinn geben.
Muss man den Tod fürchten?
Ja. Ich glaube schon, dass die Menschen Angst vor dem Tod verspüren, ich habe selbst beispielsweise erlebt, wie meine Mutter gelitten hat, als ihr einziger Bruder starb. Der Gedanke, dass mir vertraute Menschen, nahe Angehörige oder Freunde sterben, ist furchtbar. Aber andersherum gedacht: Ewig zu leben, ist doch auch nicht erstrebens- oder wünschenswert. Wenn sich alles beliebig wiederholt und nichts einmalig ist oder begrenzt, welchen Sinn hätte das Leben denn dann?
Welche Liebe macht Sie glücklich?
Die mit Vertrauen und Geborgenheit einhergeht. Es gibt einen unglaublich schönen Satz von Dostojewski: „Einen Menschen zu lieben bedeutet, ihn so zu sehen, wie Gott ihn gemeint hat.“ Dass man also über Fehler hinwegsieht und in dem anderen das sieht, was sein schöner Kern ist. Das trifft sowohl auf die Liebe in der Familie zu als auch auf die Liebe unter Partnern. Ich denke, das ist das Geheimnis sowohl in der Familie als auch in der Partnerschaft: eher an sich selbst zu arbeiten als am anderen. Das ist eine tägliche Herausforderung.
Welchen Traum möchten Sie sich unbedingt erfüllen?
Ich träume eher von kleinen Dingen: eine ganze Woche hintereinander ausschlafen. Oder bis morgens um drei Uhr mit Freunden Rotwein trinken und am nächsten Tag keine Termine haben. Diese kleinen Freuden des Lebens vermisse ich manchmal.