Die Literatur-Botschafterin
Sie bringt Literatur zu den Menschen
Sie suchen ein Ehrenamt? Wir haben ein Beispiel für Bücherfreunde: Marlis Funk, Jahrgang 1945, hält Vorträge über heraus­ragende Frauen und bedeutende Literaten. Warum macht sie das?
Marlis Funk redet gerne über Annette von Droste-Hülshoff, Erich Kästner oder Hans Fallada
Marlis Funk redet gerne über Annette von Droste-Hülshoff, Erich Kästner oder Hans Fallada
Snezhana von Büdingen-Dyba
Snezhana von BüdingenPrivat
20.09.2025
3Min

chrismon: Wer ist Ihr Lieblingsidol?

Marlis Funk: Natürlich Annette von Droste-Hülshoff. Wie weit diese Frau schon war – vor 200 Jahren. Sie war unverheiratet und adelig und musste daher die zwölf Kinder ihres Bruders hüten. Wir können erstaunt und froh sein, wie viel Schönes sie trotz der Einschränkung und Belastung geschaffen hat. Und Erich Kästner. Seine Literatur begleitet mich seit meiner Kindheit, ich habe sogar jede Verfilmung gesehen.

Was machen Sie?

Ich stelle in Vereinen und Institutionen Literatur vor. Vor allem von Frauen!

Wie sind Sie dazu gekommen?

Literatur hat mich immer begleitet. Mit fünf Jahren konnte ich fließend lesen. Ich hätte gern Literaturwissenschaft studiert. Das ging leider nicht. Es wurde eine kaufmännische Ausbildung, dann war ich Mutter und später in verschiedenen Bereichen tätig, zuletzt im Sekretariat einer Musikhochschule. Nach der Pensionierung habe ich bei der Evangelischen Kirche den Kulturführerschein gemacht. Die Idee mit den Vorträgen ergab sich fast von selbst. Ich habe mich eingearbeitet und erste Vorträge bei verschiedenen Institutionen vorgeschlagen.

Warum machen Sie das?

Ich wollte meinen Wissensdurst mit einer Aktivität verbinden. Irgendwas muss ich noch mit meinem Gehirn anfangen. Flexibel bleiben, wie beim Sport. Ich gehe ja auch noch joggen. Das positive Feedback beflügelt mich auch.

Und wie oft machen Sie das?

Etwa zwölfmal im Jahr.

Was kann anstrengend sein?

Zu so öffentlichen Angeboten kommen nicht nur nette Leute, sondern auch solche, die nicht zufrieden sind mit dem, was sie hören, und das nicht sehr freundlich kundtun. Das ist aber zum Glück die seltene Ausnahme.

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Was ist schön?

Dass ich den Leuten Literatur nahebringen kann und so bedeutende Persönlichkeiten wie Hans Fallada, den kaum jemand mehr auf dem Schirm hat, der aber aktueller ist denn je. Oder die Mütter des Grundgesetzes, die vier Frauen, die 1948/1949 für die Gleichberechtigung gekämpft haben.

Was hätten Sie nicht erwartet?

Um beim Thema zu bleiben: dass die vier Damen so wenig bekannt sind. Selbst den meisten Frauen derselben Generation. Damals hielt Elisabeth Selbert eine große Rundfunkrede. Aber die meisten Frauen bekamen sie gar nicht mit. Sie waren mit Überleben beschäftigt.

Hatten Sie besondere Begegnungen?

Viel Zündstoff haben Vorträge zu Effi Briest, die ja als reales Vorbild Elisabeth von Ardenne hat. Oder wie vorige Woche mein Vortrag über Ottilie von Faber-Castell. All diesen Frauen ist gemeinsam, dass sie andere Wege gegangen sind. Männer sollten sich sogar die Hörner abstoßen. Frauen wurden geächtet. Da gibt es schon mal harte, aber auch spannende Diskussionen.

Was nehmen Sie für sich mit?

Ich lerne so viel. Wenn ich jemanden in mein Repertoire aufnehme, lese ich vorher selbst sehr, sehr viel. Und ich fahre auch an die Orte, an denen die Persönlichkeiten gewirkt haben, sei es das Erich-Kästner-Kinderdorf in Oberschwarzach im Fränkischen, Meersburg am Bodensee, wo Annette von Droste-Hülshoff zuletzt gelebt hat, oder nach Donauwörth, wo die Puppenmutter Käthe Kruse später zu Hause war.

Womit haben Sie nicht gerechnet?

Dass die Leute meine Vorträge so gut aufnehmen. "Wann kommen Sie wieder?", fragen sie.

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