chrismon: Wenn man Ihr Buch liest, könnte man den Eindruck bekommen: Die meisten Eltern kreisen ständig besorgt über ihrem Nachwuchs. Ist es wirklich so schlimm?
Maria M. Bellinger: Nein, die meisten Mütter und Väter machen ihre Sache sehr gut. Mein Co-Autor Norbert Schneider und ich wollen mit dem Buch kein Elternbashing betreiben, sondern zeigen, wo die Fallstricke sind und wo Eltern sich mehr entspannen könnten.
Es gibt Eltern, die ihrem Nachwuchs jeden Wunsch postwendend erfüllen und ihm Unangenehmes vom Hals zu halten versuchen. Trauen diese Eltern ihren Kindern gar nichts mehr zu?
Tatsächlich haben viele Eltern heute das Gefühl, ihre Kinder seien extrem hilfs- und schutzbedürftig, und nehmen ihnen daher vieles ab, was sie selbst schon könnten. Diese Besorgnis existiert, obwohl Kinder in Deutschland gesünder und sicherer aufwachsen als je zuvor, das zeigen zahlreiche Studien. So ist etwa die Zahl der Verkehrsunfälle, bei denen Kinder unter 15 zu Schaden gekommen sind, in den letzten Jahrzehnten deutlich gesunken. Trotzdem trauen viele Eltern ihnen nicht zu, den Schulweg allein zu schaffen. Ich wohne in Berlin in der Nähe einer Grundschule, die in einer ruhigen Seitenstraße liegt. Wenn ich dort vorbeigehe, sehe ich regelmäßig Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto direkt bis zum Tor fahren.
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