Wahlkampf in den USA
Wie Pastoren in Ohio haitianischen Einwanderern beistehen
Unlängst verbreiteten Donald Trump und sein Vize James David Vance die Lüge, Haitianer in Ohio würden Haustiere essen. Was bedeutet das für die Gemeinden und wie positionieren sich Pastoren unterschiedlicher Konfessionen?
Vilés Dorsainvil (C), geschäftsführender Direktor des Haitian Community Help and Support Center, hält die Hand von US-Pastoren während eines Gebets am Ende einer Pressekonferenz, auf der religiöse Führer zu Ruhe und Unterstützung aufriefen
Vilés Dorsainvil (Mitte), geschäftsführender Direktor des Haitian Community Help and Support Center in Springfield, Ohio, hält die Hand von US-Pastoren während eines Gebets am Ende
Roberto Schmidt / AFP / Getty Images
(Berlin) 11.02.16; Dr. Johann Hinrich Claussen, Portraet, Portrait; Kulturbeauftragter des Rates der EKD, Leiter des EKD-Kulturbueros, evangelischer Theologe Foto: Andreas Schoelzel/EKD-Kultur. Nutzung durch und fuer EKD honorarfreiAndreas Schoelzel
27.09.2024
3Min

Es dürfte sich herumgesprochen haben, dass die Herren Trump und Vance ihren Wahlkampf mit der rassistischen Lüge zu befeuern versuchen, in Springfield, Ohio, würden Einwanderer aus Haiti die Haustiere ihrer Nachbarn verspeisen. Viel weniger bekannt ist, was dies für die Menschen dort bedeutet und wie die Kirchengemeinden vor Ort damit umgehen.

Immer wenn es in den USA besonders hoch hergeht, ist es sinnvoll, einen Blick in "Christianity Today" zu werfen. Das ist eine christliche Website. Sie ist dem evangelikalen Spektrum zuzuordnen und bietet neben Theologischem und Erbaulichem auch zuverlässige Nachrichten, gut recherchierte Reportagen und bedenkenswerte Kommentare.

Bei meinem letzten Besuch auf der Website haben mich zwei Artikel besonders angesprochen. Der eine stellt die politischen Vorlieben US-amerikanischer Pastoren vor. Er zeigt ein bekanntes Bild: Die Pastoren der evangelikalen und charismatischen Gemeinden würden mehrheitlich Trump wählen, die Geistlichen der "main line"-Kirchen (katholisch, lutherisch, reformiert u.a.) würden Harris ihre Stimme geben, ebenso wie die meisten afroamerikanischen Pastoren, bei den Hispanics würde die eine Hälfte so und die andere so wählen. Das war so, ist so, wird wohl so bleiben.

Schaut man sich aber an, wie die Pastoren in Springfield, Ohio, praktisch auf die rassistischen Angriffe besagter Herren reagieren, gerät diese vertraute Spaltung in Progressive und Konservative in Bewegung. Denn die konkreten Probleme, die die angegriffene Kleinstadt jetzt zu bewältigen hat, lassen sich nicht mit starrer Identitätspolitik bewältigten. Davon berichtet eine Reportage von Emily Belz. Sie trägt den Titel: "Haitianer in Ohio geraten in Panik, Ortspastoren versuchen Spaltungen zu überwinden". Hier die wichtigsten Passagen daraus auf Deutsch:

"Örtliche Kirchenführer in Ohio unterstützen die haitianische Gemeinschaft, die überwiegend christlich ist, aber sie haben auch mit der Spaltung ihrer eigenen Gemeinschaften zu kämpfen. Die Pastoren einiger der größten lokalen Kirchen haben diese Woche an Treffen, Pressekonferenzen und Telefonaten teilgenommen, um falsche Vorstellungen über Haitianer und die Situation vor Ort zu entkräften."

"‘Es ist im Moment wie ein Tornado, politisch und gesellschaftlich‘, sagt Jeremy Hudson, Pastor einer der größten Kirchen der Stadt, der Fellowship Church. ‚Wir wissen nicht, in welche Richtung er sich bewegen wird, was er alles mit sich reißt und wie groß die Verwüstung sein wird.‘ Am Mittwochabend hielt Fellowship einen Gottesdienst ab, und Hudson zeigte sich verzweifelt über ‚die Zerrissenheit unserer Gemeinschaft und die Zerrissenheit der 'großen C'-Kirchen‘ und die ‚Verleumdungen‘, die er in Gesprächen erlebt hatte."

epd Video

"Die örtlichen Kirchen in Springfield bieten für die ankommenden Haitianer vor allem Sprachkurse an. Auch frühere Einwanderer helfen den neuen Einwanderern. Pastor Laurent Muvunyi, ein kongolesischer Flüchtling, der 2007 in die Vereinigten Staaten eingewandert ist, arbeitet in seiner Kirche Living Hope und in gemeinnützigen Organisationen in der Gegend, um den Einwanderern bei der Integration in die Gemeinschaft zu helfen. Eine haitianische Familie gehöre zu seiner Kirche, sagte er, und er schaue nach, wie es ihnen gehe.

Er ist ermutigt, dass sich christliche Organisationen in dieser Situation engagieren. Aber Muvunyi sagt, dass die lokalen und nationalen Spannungen dazu geführt haben, dass sich die Einwanderer vor Ort nicht wohl fühlen. Jetzt hört er immer öfter, dass Menschen in alltäglichen Gesprächen fragen, ob jemand Haitianer ist, was er beunruhigend findet. ‚Gott bringt uns hier in den Vereinigten Staaten Nachbarn‘ sagte Muvunyi. ‚Aber ich habe das Gefühl, dass die Amerikaner ... sehen müssen, wer diese Menschen sind, was sie in unserem Leben tun können, wie sie ein Teil unserer Wirtschaft und unseres christlichen Lebens und auch unseres Gemeinschaftslebens sein können.‘‘

"‘Beten Sie für uns‘, sagte Viles Dorsainvil, ein ehemaliger Pastor in Haiti und Leiter des Haitian Community Help and Support Center in Springfield, Ohio. ‚Verstehen Sie unsere Realität. Haben Sie Geduld mit uns. Wir können gemeinsam beten, zusammenarbeiten und uns gegenseitig verstehen.‘"

Fazit: Die Arbeit in den jeweiligen Gemeinden, für das Gemeinwesen und die Integration der Neuzugezogenen scheint bei allen Pastoren sehr ähnlich zu sein – unabhängig von ihren politischen Vorlieben.

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Kolumne

Johann Hinrich Claussen

Auch das Überflüssige ist lebens­notwendig: Der Autor und Theologe Johann Hinrich Claussen reist durch die Weiten von Kunst und Kultur