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Acht Berge (Italien, Belgien, Frankreich 2022)
Pietro (Luca Marinelli) und Bruno (Alessandro Borghi) kennen sich von Kindesbeinen an. Pietros Vater machte jeden Sommer in den Bergen Ferien, mit Ehefrau und Sohn im Schlepptau, um die Gipfel zu erklimmen. Bruno, der Neffe ihrer Vermieterin, war das letzte Kind in dem Dorf, das langsam aussterben würde. Zwischen dem Jungen aus der Stadt, der schon früh zu schreiben beginnt, und dem Berghirten, der ein rätselhaftes Glück in den Mühen des Bauernalltags empfindet, entwickelt sich die eine Freundschaft, die sich im Leben nicht wiederholt. Das belgische Regisseurspaar Felix Van Groeningen und Charlotte Vandermeersch hat den autobiographischer Roman von Paolo Cognetti mit achtsamer Freizügigkeit adaptiert, als eine wehmütige Hymne an die Freundschaft und die Schönheit der Berge. Der Jurypreis in Cannes ist wohl verdient; er gilt auch den hervorragenden Hauptdarstellern.
Ausführliche Kritik bei epd Film.
Regie und Buch: Felix Van Groeningen, Charlotte Vandermeersch (nach einem Roman von Paolo Cognetti). Mit: Da: Luca Marinelli, Alessandro Borghi, Filippo Timi, Elena Lietti, Gualtiero Burzi. Länge: 147 Min. FSK: ab 6 Jahren
Holy Spider (Dänemark, Deutschland, Frankreich, Schweden 2022)
Nach seinem vielfach ausgezeichneten Film "Border" hat sich der dänisch-iranische Regisseur Ali Abbasi einer düsteren Geschichte aus dem Iran angenommen. Anfang der 2000er Jahre ereignete sich in der Pilgerstadt Mashhad einer der spektakulärsten Kriminalfälle der iranischen Geschichte: die Frauenmorde des "Spinnenmörders" – so genannt, weil er seine Opfer, Straßen-Prostituierte, stets zunächst in seine Wohnung, sein "Netz", lockte, bevor er sie erwürgte. In seinem Thriller setzt Abbasi eine Journalistin (gespielt von Zar-Amir Ebrahimi, die für ihre Rolle in Cannes ausgezeichnet wurde) auf die Spur des Killers. Als alleinreisende Frau muss sie nicht nur allerlei Schikanen über sich ergehen lassen, bei ihren Recherchen bei Behörden und den Straßen der Stadt stößt sie immer wieder auf Widerstände und Vorbehalte. Der von seiner Mission überzeugte Serienmörder erfreut sich dagegen sogar, als er längst überführt ist, mehr oder weniger verhohlener Unterstützung. Eindringlich zeichnet Abbasi so das Porträt einer von Bigotterie und Misogynie zerfressenen Gesellschaft.
Ausführliche Kritik bei epd Film.
Regie: Ali Abbasi. Buch: Ali Abbasi und Afshin Kamran Bahrami. Mit: Zar Amir Ebrahimi, Mehdi Bajestani, Arash Ashtiani, Forouzan Jamshidnejad, Alice Rahimi, Sara Fazilat, Sina Parvaneh. Länge: 117 Min. FSK: ab 16 Jahren
In der Nacht des 12. (Frankreich 2022)
Vor erhabener Bergkulisse kommt in einer Winternacht unter schrecklichen Umständen eine junge Frau zu Tode. Ein Ermittler-Team mit einem gerade erst beförderten jungen Polizisten an der Spitze macht sich unter Hochtouren an die Arbeit. Handelt es sich um einen Rachemord oder die Tat eines Unbekannten? Sie vernehmen eine Reihe von Verdächtigen, kommen der Wahrheit dabei aber kaum näher. Statt dessen enthüllen sich ihnen immer weitere menschliche Abgründe, nicht zuletzt in Form ihrer eigenen Vorurteile. Der französische Regisseur Dominik Moll ("Harry meint es gut mit dir") lässt seinen neuen Film wie einen Krimi nach bewährtem Muster beginnen, nur um dann die Erwartungen der üblichen Tätersuche souverän zu unterlaufen. Er erzählt vom intimen Verhältnis der Ermittler zu ihren Fällen – und von einer Welt, in der zu vieles nicht in Ordnung ist.
Ausführliche Kritik bei epd Film.
Regie: Dominik Moll. Buch: Gilles Marchand und Dominik Moll (nach einem Buch von Pauline Guéna). Mit: Bastien Bouillon, Bouli Lanners, Pauline Serieys, Théo Cholbi, Johann Dionnet, Thibaut Evrard. Länge: 115 Min
Auf der Suche nach Fritz Kann (Deutschland/Polen/Argentinien 2022)
Man weiß inzwischen, dass sich Traumata und Tragödien in einer Familie gewissermaßen vererben, und zwar nicht nur auf die Generation der Kinder, sondern auch auf die der Enkel. Marcel Kolvenbach versucht in seinem Dokumentarfilm die Geschichte seines jüdischen Großvaters Fritz Kann zu rekonstruieren – mit dokumentarischen und theatralen Mitteln. Kann, der erste Mann von Kolvenbachs Großmutter, war ein Jude aus dem Rheinland, der 1942 vom Düsseldorfer Schlachthof aus in den Osten deportiert wurde. Kolvenbach führt Interviews mit den Nachfahren von Nachbarn, mit Leitern von Gedenkstätten und Nachgeborenen von Überlebenden. Viele der biografische Spuren zu Fritz Kann verlaufen im Sand, wie kaum anders zu erwarten. Aber Kolvenbach gelingt es, einen der Menschen, die wir oft nur als Zahlen kennen, aus den Listen hervorzuheben.
Ausführliche Kritik bei epd Film.
Regie: Marcel Kolvenbach. Länge: 90 Minuten