Neue Häuser in Wilhelmsburg.
Neue Häuser in Wilhelmsburg.
IBA Hamburg GmbH / moka Studios
Leute, bewerbt Euch!
Fast 5000 Wohnungen enstehen auf der Hamburger Elbinsel in den nächsten Jahren. 20 Prozent sind reserviert für Baugemeinschaften. Die Bewerbungsfrist läuft.


Tim Wegner
02.11.2021

Wie oft musste ich hier darüber schreiben, dass eines der größten Probleme für neue Wohnformen der fehlende Baugrund ist. Umso mehr freute ich mich vor ein paar Tagen über diese Nachricht: In Hamburg, auf der Elbinsel Wilhelmsburg, entstehen in den nächsten Jahren 4800 Wohnungen, 20 Prozent davon sind für Baugemeinschaften reserviert. Und jetzt werden interessierte Menschen gesucht.

Ich kenne Wilhelmsburg sehr gut. Es ist Europas größte Flussinsel.1962 hat die große Elb-Flut hier viele Menschenleben gefordert. Lang Jahre geschah nichts, viele Häuser verfielen, das Stadtviertel hatte keinen guten Ruf. Wilhelmsburg lag für viele Hamburgerinnen irgendwie "da drüben" - im Süden, jenseits der Elbe. Und das, obwohl da schon immer viel buntes Leben herrschte und auch ein schönes altes Dorfzentrum mit Windmühle und Museum den Ausflug lohnte und lohnt. Mal ganz abgesehen von der großartigen Deichlandschaft zwischen zwei Elbuferarmen, mit weidenden Schafen, viel frischer Luft und sogar Seeadlern in einem Naturschutzgebiet.


2006 startete die Internationale Bauausstellung Hamburg in Wilhelmsburg. Das Projekt-Team bezog seine bunte, aus Containern zusammengewürfelte, auf Pontons schwimmende Bürozentrale und entwarf großartige Ideen für nachhaltige und, so habe ich es erlebt, wirklich wirksame Umwandlungsprozesse. Von Anfang an gehörte Wohnen dazu - eben auch in Genossen- und Baugemeinschaften. Eines der Beispiele habe ich in meiner Auftaktfolge für das Wohnglück portraitiert: Familie Do in der Baugemeinschaft Neue Hamburger Terrassen. 

Die Karte von Wilhelmsburg zeigt die neuen Baugebiete

Als die Bauausstellung endete, wurde die IBA eine städtische Gesellschaft und entwickelt seither im Auftrag der Stadt viele große Wohnprojekte in Hamburg. Hier geschieht genau das, was insgesamt im Wohnungsbau so dringend nötig ist: Die Politik übernimmt die volle Verantwortung und gestaltet die Stadt aktiv. Und sie verscherbelt den Grund und Boden nicht mehr an Meistbietende, sondern vergibt viele Grundstücke in Erbpacht, so wie jetzt in den neuen Wohngebieten. Außerdem entstehen viele Mietwohnungen; Baugemeinschaft heißt hier eben nicht mehr automatisch Eigentum. Mit Sicherheit wird es auch hier ruckeln und rattern, nichts ist ein Selbstgänger. Auch Baugruppen haben ihre Tücken. Ein Haus will gebaut und vor allem die Gemeinschaft geformt werden.

Genug der Worte: Liebe Leute, die ihr vielleicht in Norddeutschland unterwegs seid und dort Euer Wohnglück in einer Gemeinschaft sucht: Nutzt jetzt diese Chance und bewerbt Euch. Das Bewerbungsverfahren wurde am 1. November eröffnet und läuft drei Monate.

PS: Ich weiß, dass in vielen Städten und Kommunen ähnlich gute Projekte laufen. Wenn Ihr bei einem dabei seid - gerne berichte ich hier darüber. Schickt einfach eine Mail, Adresse in der Spalte rechts.

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Kolumne

Dorothea Heintze

Wohnen wollen wir alle. Bitte bezahlbar. Mit Familie, allein oder in größerer Gemeinschaft. Doch wo gibt es gute Beispiele, herausragende Architekturen, eine zukunftsorientierte Planung? Was muss sich baupolitisch ändern? Wohnlage-Autorin Dorothea Heintze lebt in einer Baugemeinschaft in Hamburg und weiß: Das eigene Wohnglück zu finden, ist gar nicht so einfach. Alle zwei Wochen.