Netzkulturtipp 2 mal beethoven Podcast
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BR
"Wahre Kunst ist eigensinnig"
Tim Wegner
26.11.2020

Ludwig van Beethoven ist sauer: Er ist 54 Jahre alt, krank, sein geliebter Neffe will nichts mehr von ihm wissen, und dann noch die Wiener Musikkritiker, die ein Stück von ihm als unaufführbar abstempeln. Es reicht. Ein Freund muss ihn beruhigen: "Mach er sich nichts draus, das ist eine kleine Anzahl Esel, die sich lächerlich machen. Scheiß er sie voll."

Vor 250 Jahren wurde Ludwig van Beethoven in Bonn geboren. Dieses Jahr war eigentlich als großes Jubiläumsjahr geplant: Konzerte, Ausstellungen, Lesungen. So viel musste abgesagt werden. Doch es gibt ja Podcasts. Und es gibt Gott sei Dank den Bayerischen Rundfunk mit seinem Klassiksender, wo Musikfreund:innen immer wieder fündig werden.

Die Hauptrolle spielt die Musik

Dort gibt es zum Beispiel die fast schon legendären Hörbiografien, immer im Herbst eines Jahres. Nun also Beethoven: 10 Folgen lang erzählt Udo Wachtveitl (auch als Tatort-Kommissar Franz Leitmayr bekannt) Beethovens Leben, unterbrochen von wunderbaren Musik- und Lesezitaten; mal lustig, mal traurig und immer informativ. Beethoven, der wohl genialste Komponist aller genialen Komponisten, gewinnt in jeder Folge mehr an Statur, er wird zum Menschen, mit dem man mitfühlt, mitfiebert und mitleidet. Und dann die Musik dazu – wunderbar.

Überhaupt: Beethovens Musik. Sie spielt die Hauptrolle in einem weiteren BR-Klassik-Podcast im Jubiläumsjahr: Igor Levit erklärt alle 32 Klaviersonaten. In jeder Folge sitzt Levit vor dem Klavier, redet, streitet und lacht mit seinem guten Freund und Beethoven-Experten Anselm Cybinski – und spielt. Levit kann das fantastisch: Musik so erklären, dass auch Laien etwas damit anfangen können. Selten kommt es zu Redundanzen: Wenn Levit zum x-ten Mal Anekdoten über sein Scheitern im Konzertsaal erzählt, wird das irgendwann zu einem langweiligen Running Gag. Aber was soll's. Beethoven selbst schrieb im März 1820: "Die Welt ist ein König, u. sie will geschmeichelt seyn, Soll sie sich günstig zeigen – Doch wahre Kunst ist eigensinnig, läßt sich nicht in Schmeichelnde Formen zwängen."
 

 

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