Jeder soll gut lesen können
Jeder soll gut lesen können
PR
Jeder soll gut lesen können
Aber ein knappes Fünftel der Viertklässler in Deutschland begreift den Sinn der Sätze nicht, ergab die Grundschulstudie Iglu 2016. Die Kinderbuch­autorin Kirsten Boie hat eine Unterschriftenaktion gestartet, um die Politik zum Handeln aufzufordern. Bis Anfang Dezember haben 114 000 Menschen unterzeichnet.
03.01.2019

chrismon: Warum tun sich Zehnjährige mit dem Sinn von Texten schwer?

Kirsten Boie: Es sind keineswegs nur Mi­grantenkinder. Wenig sprechen, den ganzen Tag fernsehen oder an der Spielekonsole verbringen führt nicht dazu, dass man in der Schule schnell flüssig lesen lernt. Aber viele Eltern wissen es nicht besser.

Wie fangen andere Länder das auf?

In Deutschland werden nur elf Prozent des Unterrichts auf das Lesen verwendet. In ­Ländern, die besser abschneiden, sind es 18 Prozent. Die Lesefrequenz im Unterricht muss erhöht werden.

Kirsten Boie

Kirsten Boie, geboren 1950, ist Kinderbuchautorin aus Hamburg. Sie war Lehrerin und hat mehr als 100 Bücher geschrieben.

Wie sollte die Politik reagieren?

Wieder Studienplätze für Grundschullehrer schaffen! Gerade für benachteiligte Kinder ist die persönliche Beziehung zum Lehrenden so wichtig. Es muss mehr Förderunterricht in kleinen Gruppen geben. Gut wären auch ein bis zwei Jahre Vorschule.

Und woher kommt das Geld dafür?

Die Bundesregierung will mit dem Digitalpakt fünf Milliarden Euro in die Digitalisierung der Schulen stecken. Wie viel notwendiger wäre das beim Erwerb der Grundfähigkeit Lesen? Dafür muss mindestens ebenso viel Geld in die Hand genommen werden.

Was passiert, wenn sich nichts ändert?

Schüler, die nicht lesen können, werden zu ­Erwachsenen, die auf soziale Systeme angewiesen sind, in die sie selbst nicht einzahlen können. Wer sich ausgegrenzt fühlt, sucht ­einen Sündenbock. Das ist gut für extreme Parteien und schlecht für die Demokratie.

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.