Januar 1919. Der Erste Weltkrieg ist beendet, noch gibt es keinen Friedensvertrag. Die Menschen hungern, Soldaten meutern. Seit der Novemberrevolution ist Friedrich Ebert Reichskanzler, jetzt wollen Kommunisten, Sozialisten und Spartakusbund seine Regierung stürzen. Gibt es Bürgerkrieg? In 13 Tagen soll die erste demokratische und geheime Wahl auf dem Boden des Deutschen Reiches stattfinden.
In höchster Not trifft Ebert sich mit seinen Getreuen im Kanzlerbüro. Sein ganzes Leben hat er für die Einführung der parlamentarischen Demokratie gekämpft. Die Wahl muss stattfinden, um jeden Preis. Ebert entscheidet sich für ein Eingreifen der Armee gegen den Spartakusaufstand. Freie Hand für Gustav Noske, verantwortlicher Genosse für das Militär: "Meinetwegen", soll dieser gesagt haben, "einer muss ja der Bluthund sein." Freikorps schlagen den Aufstand nieder.
"Das deutsche Volk ist frei, bleibt frei und regiert sich in aller Zukunft selbst" Friedrich Ebert vor der Nationalversammlung am 6. Februar 1919
Die Gewalt eskaliert. Karl Liebknecht, Sohn des SPD-Gründers Wilhelm Liebknecht, und Rosa Luxemburg werden ermordet. Soldaten foltern und töten. Aber: Die Reichstagswahl findet statt. Millionen Frauen dürfen erstmals wählen, es gibt Meinungs- und Pressefreiheit. "Das deutsche Volk ist frei, bleibt frei und regiert in aller Zukunft sich selbst", sagt Friedrich Ebert zur Eröffnung der Nationalversammlung am 6. Februar 1919. Am 11. Februar wird er zum Reichspräsidenten gewählt und bleibt es bis zu seinem Tode 1925.
Geboren wurde Friedrich Ebert 1871 in Heidelberg als Sohn eines Schneidermeisters, die Mutter stammt aus einer Bauernfamilie. Mit 14 Jahren hatte er eine Sattlerlehre begonnen, später ging er auf Wanderschaft, wurde zum "politischen Lehrling", wie sein Biograf Walter Mühlhausen schreibt.
Reichskanzler Otto von Bismarck verabscheute die Linken. Der Kampf gegen sein "Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" von 1878 schweißte die Arbeiterschaft zusammen. 1890 wurde dieses Gesetz aufgehoben. Da ist Ebert längst Parteimitglied. Er zieht nach Bremen, heiratet und macht politisch Karriere – wird Mitglied des Reichstages und organisiert die stark wachsende Partei. 1913 erringt er nach dem Tod von "Arbeiterkaiser" August Bebel, zusammen mit Hugo Haase, den Parteivorsitz.
Dorothea Heintze
Andererseits: Ebert war Wegbereiter der Demokratie. Die Weimarer Verfassung gilt als Grundlage des deutschen Grundgesetzes und als eine der Wurzeln der Bundesrepublik Deutschland. Zwölf Regierungen kamen und gingen unter seiner sechsjährigen Präsidentschaft. Ebert war ein Fels in der Brandung, ein Garant des parlamentarischen Wandels in diesen Jahren. Aber: Rechte machten ihn verantwortlich für den "Schandfrieden" von Versailles, Linke nannten – und nennen – ihn einen "Volks- und Revolutionsverräter". Dutzende von Verleugnungsklagen aus allen politischen Richtungen musste Ebert ertragen. Psychisch auch dadurch stark angegriffen, starb er am 28. Februar 1925 mit nur 54 Jahren in Berlin an einer verschleppten Blinddarmentzündung.
Zum 100. Jahrestag des Novemberrevolution 1918 bietet die Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte ein vielfältiges Programm im Friedrich-Ebert-Haus an und erinnert damit an die Revolution 1918/19 und ihre Errungenschaften.
Weimarer Verfassung heißt sie, doch unterzeichnet wurde die Urkunde von Friedrich Ebert am 11. August 1919 an seinem Urlaubsort im südthüringischen Schwarzburg. Dort entsteht jetzt im Schloss ein "Denkort der Demokratie"
Literatur-Tipp: Joachim Käppner "1918 – Aufstand für die Freiheit. Die Revolution der Besonnenen", Piper-Verlag, 528 Seiten, 28 Euro
Sohn von Friedrich Ebert
Sehr geehrte Frau Heintze,
mit Interesse habe ich Ihren Artikel über Friedrich Ebert in der letzten Ausgabe von " Chrismon " gelesen. Es fehlt jedoch etwas in diesem Bericht. Einer seiner Söhne, Friedrich Ebert jr., ehemaliger Sozialdemokrat, ab 1946 Mitglied der SED, war von 1948 bis 1967 Oberbürgermeister von Ostberlin. Warum erwähnen Sie diesen gar nicht?
Mit freundlichen Grüssen
Peter Findeisen
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Eberts Sohn
Lieber Herr Findeisen, danke für Ihre Mail und den Hinweis – ja, das hatte ich natürlich auch gelesen – aber leider reichte der Platz im gedruckten Heft nicht aus. Schade, ich geb Ihnen ganz recht. Vielleicht nehme ich da zum Anlass, mal etwas über seinen Sohn zu machen. Lesen Sie uns gerne weiter kritisch. Herzliche Grüße
Dorothea Heintze
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