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Der Berg! Garten aufräumen, Rasen mähen, Küchenschrank reparieren, neue Kaffeemaschine kaufen, Beleuchtung am Kinderfahrrad instand setzen. "Man sollte..." fangen die enstprechenden Arbeitsprogramme an, wenn meine Frau und ich nach dem Abendessen endlich den Kopf frei, den Alltag verstaut haben und uns den mittelfristigen Aufgaben zuwenden. Mach ich am Wochenende, sage ich dann und hoffe wirklich, dass mir das gelingen wird.
"Man sollte..."
Aber dann ist am Samstag strahlendes Frühsommerwetter, viel zu schade, um den ganzen Tag nur zu rödeln. Da möchte man doch einfach mal draußen sitzen, spät frühstücken, in die Sonne blinzeln. Und außerdem: Irgendwann muss man sich doch mal erholen, innehalten, nichts tun. Oder es regnet und man kann wirklich den Rasen nicht mähen und den Geräteschuppen aufräumen. Bei schlechtem Wetter bietet es sich zudem an, endlich ins Kino zu gehen, was sich unser Sohn schon so lange wünscht. Und dann ist das Wochenende wieder rum und das Gras sprießt weiter und das Fahrrad bleibt ohne Beleuchtung und die Tür vom Küchenschrank kann man weiterhin nur mit roher Gewalt schließen.
Und dann sitzen wir am Montag oder am Dienstag wieder da, mit noch schlechterem Gewissen, und rufen uns zur Ordnung: Man sollte endlich...! Ich beherrsche durchaus diverse Argumentationstechniken zur Selbstrechtfertigung. Sie kennen das auch: Der Tag hat halt nur 24 Stunden und das Wochenende bestenfalls 48. Aber wie machen das unsere Nachbarn und Freunde? Bei denen ist immer alles in Ordnung. Herr Ehmann von gegenüber hat alle Gehwegplatten mit dem Dampfstrahler gereinigt. Hanna hat am Wochenende ihre Dias sortiert, die Videokassetten beschriftet und noch Zeit gefunden, die Noten für den Gospel-Workshop zu kopieren. Und Friedbergers Rasen sieht aus wie der in Wimbledon, während unserer sich höchstens noch als Viehweide eignet. Resignierendes Fazit: Die sind eben gut organisiert. Warum schaffen wir das nicht endlich auch?
Da stehen praktische Tipps drin. Man müsste sie nur endlich lesen. Aber wann?
Längst habe ich mir den Ratgeber von Werner Tiki Küstenmacher gekauft: "Simplify your life - vereinfache dein Leben!" Seit Monaten liegt er auf meinem Nachttisch, ganz unten im Berg der angelesenen Bücher, die ich mir für diverse Wochenenden vorgenommen habe. Da stehen praktische Tipps drin, wie man ganz leicht Ordnung in den persönlichen Lebenskreis bringt. Man müsste sie nur endlich gelesen haben. Aber wann?
Ganz einfach. Von wegen! Leichter ist es dann, die nächste Stufe der Selbstrechtfertigung zu erklimmen, die gesellschaftliche: Wir müssen akzeptieren, dass wir anders sind als die anderen. Wer bestimmt denn, wie ein Rasen aussehen muss? An den langen Sommertagen braucht doch niemand wirklich eine funktionierende Fahrradlampe. Wir müssen lernen, dem Anpassungsdruck zu widerstehen. Wir müssen aufhören, uns ein Gewissen aus unerledigten Aufgaben zu machen. Und die Schranktür das schaffe ich. Am nächsten Wochenende. Garantiert.
Sich beschränken. Auf das Wesentliche. Den Perfektionismus abschreiben! Es tröstet, wenn man sich so etwas sagt. Wie die biblische Geschichte von der putzwütigen Martha und ihrer Schwester Maria, die lieber zu Jesu Füßen sitzt und mit dem Meister plaudert, als das Küchenregal zu entfetten. Jawoll. Sorge dich nicht, lebe! Wie die Vögel des Himmels. Sie säen nicht, sie ernten nicht, aber der himmlische Vater ernährt sie doch. Das hilft.
Aber irgendwann muss der Rasen gemäht werden. Im Schweiße meines Angesichts. Und dann weiß ich, was uns Adam und Eva aufgeladen haben, als sie dieses blöden Apfels wegen das Leben im Paradies verspielt haben.