Vor den Stadtmauern Jerusalems erhebt sich der Berg Zion, der Sehnsuchtsort vieler Juden und laut Thora der Ursprungsort der Stadt Davids. Das "Messias Gästehaus", liegt mit Blick auf diesen Berg. Für Pilger und Sinnsuchende gibt es vier Zimmer, Instant-Kaffee, selbst gebackene Frühstückskekse und ein Esszimmer mit Blick auf den grünen Gipfel des Berges. Von dort wird der Heiland am Ende der Zeiten auf einem weißen Pferd oder Esel herunterreiten, daran glaubt Joseph Mireles fest. Er ist der Inhaber des Gästehauses. "Wenn man sieht, dass die Juden in ihr Land zurückkehren, dann ist das ein Zeichen für die Endzeit", sagt Joseph und setzt seine Baseballkappe auf. Darauf prangt in blauen Lettern der hebräische Schriftzug "Er ist das Leben". Joseph ist ein sogenannter Believer, ein zum Christentum konvertierter Jude, der sich zum Evangelium bekennt und alles, was darin steht, wortwörtlich nimmt. Auch die Offenbarung aus dem Neuen Testament. Dieser Text handelt von dem Nahen der Endzeit und spielt in der aktuellen amerikanischen Politik eine immer größere Rolle. Laut der Prophezeiung der Offenbarung müssen die Juden ins Heilige Land zurückkehren, damit ein Heiland die Völker in eine letzte Schlacht am Berg Armageddon führt und die Welt danach für tausend Jahre regiert.
Franziska Knupper
Der Text ist ein Zeugnis der Christenverfolgung im Römischen Reich, sagen viele Historiker. Der Text kündigt den bevorstehenden Weltuntergang und die Erlösung an, sagen viele evangelikale Christen – sie betreiben intensive Lobbyarbeit, um ihre Überzeugung in praktische Politik umzusetzen. Donald Trumps Nahostpolitik ist ihr bisher größter Triumph. Im Dezember 2017 hatte der Präsident entgegen aller internationalen Warnungen Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt, im Mai verlegte er die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem. Es gab gewalttätige Proteste in Ostjerusalem, Raketenbeschuss aus Gaza, Aufmärsche in Kairo und Demonstrationen in Berlin.
Für evangelikale Gläubige war die Entscheidung des US-Präsidenten der erste Schritt in die richtige biblische Richtung. Joseph Mireles nimmt die Bibel zur Hand und deutet auf Genesis 12, wo Gott den Israeliten verspricht: "Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen." Wer davon überzeugt sei, könne nicht anders, als sich solidarisch zu Israel – und in diesem Fall zu Donald Trump – zu bekennen. "Ich liebe Donald Trump, ich bin ein wahrer Trumper", sagt er. Auch die Mehrheit der 50 Millionen Evangelikalen in den USA steht hinter Trump, 80 Prozent von ihnen haben ihn gewählt. Konservative, evangelikale Christen bilden nicht nur Trumps größten Rückhalt in der Bevölkerung, sie sind auch ein wichtiger Teil seiner Regierung. Vizepräsident Mike Pence ist bekennender Evangelikaler, ein "Evangelical Advisory Board" berät den Präsidenten. Ihre Politik orientiert sich immer öfter an prophetischen, biblischen Versen. Der Kongressabgeordnete Daniel Webster brachte es 2011 auf den Punkt: "Wenn wir damit aufhören, Israel zu helfen, dann verlieren wir Gottes Hand und sind in großen Schwierigkeiten."
Ein weit verzweigtes evangelikales Netzwerk
In Israel können die US-Evangelikalen auf ein weit verzweigtes Netzwerk evangelikaler Organisationen und Lobbygruppen als Verbündete zählen. Zum Beispiel den Verein "Vereinigte Christen für Israel" (CUFI). Mitglieder des Vereins forderten das Weiße Haus in über 137 000 E-Mails auf, die US-Botschaft zu verlegen. Oder die "Israel Allies Foundation". "Die Basis der republikanischen Partei sind bibelgläubige Christen, und man kann sehen, wie oft sich das in politischer Aktion niederschlägt", erklärt Josh Reinstein, der Präsident der Foundation in einem Strandcafé in Tel Aviv. "Nur die Menschen des Buches, die Juden und die Christen, werden Israel unterstützen." Der in Kanada geborene Reinstein sieht darin ein großes Potenzial: "Es gibt 13 Millionen Juden auf der Welt und zwei Milliarden Christen – aber zusammen sind wir zwei Milliarden und 13 Millionen!" 2012 kürte ihn die "Jerusalem Post" zu einem der 50 einflussreichsten Juden der Welt.
Auch Guatemala verlegte die Botschaft nach Jerusalem
Gemeinsam mit dem verstorbenen israelischen Politiker Yuri Stern aus dem ultranationalistischen Lager gründete Reinstein 2004 den "Knesset Christian Allies Caucus" – ein Zusammenschluss von Parlamentariern, der mittlerweile in 36 Ländern Lobbyarbeit für Israel macht. Für Reinstein spielt es keine Rolle, ob seine Unterstützer katholisch oder orthodox, calvinistisch oder evangelikal sind – er selbst ist gläubiger Jude und bekennender Zionist und sagt: "Ich glaube an den Tanach oder was die Christen das Alte Testament nennen. Diese gemeinsamen Wurzeln sind ein guter Startpunkt, um miteinander zu arbeiten. In Israel nennen wir das glaubensbasierte Diplomatie."
Irrelevant ist für Reinstein auch, dass christliche Zionisten davon ausgehen, dass alle Juden nach der Ankunft des Heilands zum Christentum konvertieren oder sterben. Für Reinstein zählt nicht, was nach der Apokalypse kommt, sondern die Zeit bis dahin. Um alles weitere werde man sich kümmern, wenn die Zeit reif ist.
Joseph Mireles "Messias Gästehaus" steht in einem Viertel Jerusalems, in dem viele Evangelikale wohnen. Zehn Minuten Fahrtzeit vom Gästehaus entfernt lenkt der gebürtige Schwabe Jürgen Bühler die Geschicke der christlichen Zionisten. Er ist Präsident der "Internationalen Christlichen Botschaft", die in über 60 Ländern vertreten ist. Dass ein Deutscher hier auf dem Chefsessel sitzt, ist durchaus erstaunlich, da evangelikale Christen in Deutschland bislang eine Minderheit unter den Protestanten sind. "Man schätzt sie maximal auf ein Prozent in Deutschland. In Südostasien, Afrika oder Lateinamerika ist es aber die am schnellsten wachsende Religionsgruppe", sagt Bühler. Man gehe heute von 700 bis 750 Millionen evangelikaler Christen weltweit aus, schätzt Bühler, und in Ländern wie Guatemala zählen sich bereits über 50 Prozent der Bevölkerung zur evangelikalen Bewegung. Kein Wunder also, dass die Regierung Guatemalas ihre Botschaft nur zwei Tage nach den USA nach Jerusalem verlegte.
Islamisten sprechen auch von der Apokalypse
Die Israelis schätzen Jürgen Bühler als Unterstützer Israels und fürchten ihn als christlichen Missionar. Die arabischen Christen wiederum achten ihn als Glaubensbruder und verabscheuen ihn als Zionisten. Im Gegensatz zu Joseph Mireles oder Josh Reinstein interpretiert er die aktuellen Politik daher nur ungern als prophetisches Zeichen: "Ich bin vorsichtig, aus biblischen Aussagen eine Tagespolitik entstehen zu lassen. Wenn Gott etwas macht, dann findet man eher im Nachhinein heraus, warum er es tut."
Dass islamistische Fundamentalisten ebenfalls von der nahenden Apokalypse sprechen, dürfte niemanden mehr überraschen. Auch im radikalen Islam erwartet man die Ankunft des Messias, des Mahdi, der die Völker in den letzten Kampf führen wird. Statt in Armageddon wird bei Moslems in Dabiq, im Norden Syriens, gekämpft. Das ist der Hauptgrund, warum der Islamische Staat sein Kalifat dort bitter verteidigt hat. Die, die sich sonst spinnefeind sind, sind beim Thema Weltuntergang ganz einer Meinung.
Artikel: Evangelikale Christen in Israel - Aufruf zur Apokalypse
Sehr geehrte Frau Knupper,
durch Zufall bin ich beim Recherchieren im Internet auf ihren Artikel gestoßen. Sie schreiben: "Joseph ist ein sogenannter Believer, ein zum Christentum konvertierter Jude, der sich zum Evangelium bekennt und alles, was darin steht, wortwörtlich nimmt. Auch die Offenbarung aus dem Neuen Testament. Dieser Text handelt von dem Nahen der Endzeit und spielt in der aktuellen amerikanischen Politik eine immer größere Rolle. Laut der Prophezeiung der Offenbarung müssen die Juden ins Heilige Land zurückkehren, damit ein Heiland die Völker in eine letzte Schlacht am Berg Armageddon führt und die Welt danach für tausend Jahre regiert.
Der Text ist ein Zeugnis der Christenverfolgung im Römischen Reich, sagen viele Historiker. Der Text kündigt den bevorstehenden Weltuntergang und die Erlösung an, sagen viele evangelikale Christen – sie betreiben intensive Lobbyarbeit, um ihre Überzeugung in praktische Politik umzusetzen.“
Also ehrlich gesagt: ich bin hochgradig irritiert, so etwas in einem christlichen Magazin zu lesen. Einem Magazin, wo ein Herr Bedford-Strohm Herausgeber ist. Ein Mann, der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Vorsitzender des Rates der EKD ist. Wie kann man eigentlich noch christlicher sein?! Ich stelle mir nur die Frage, wie solche Artikel in einem christlichen Magazin überhaupt erscheinen können? Sie stellen ja das letzte Buch der Bibel vollkommen in Frage! Sie schreiben „…damit ein Heiland die Völker…“. Ja, was glauben Sie denn, wer dieser Heiland ist??
So wie Sie schreiben, vermute ich jetzt einmal, kennen Sie die Offenbarung gar nicht. Sonst wüssten Sie, dass in der Offenbarung das Gericht Gottes über die abgefallene Menschheit - auch über das abgefallene Christentum (die Hure Babylon) – beschrieben ist; aber auch (zum Glück) die herrliche Zukunft im „Neuen Jerusalem“.
Lesen Sie doch einfach mal das apostolische Glaubensbekenntnis (steht auf der EKD Homepage) und was dort über das Gericht steht (leider etwas zu kurz beschrieben). Wenn Sie Details wissen wollen, fragen Sie einmal ihren Herausgeber, wo dieses Gericht in der Bibel beschrieben ist. Es muss ja irgendwo stehen!
Würde mich freuen, wenn Sie mir seine Antwort mitteilen würden.
Dafür schon einmal vielen Dank!
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können