chrismon: Hat sich Freundschaft in den letzten Jahren verändert?
Martina Padberg: Die Kommunikation hat sich verändert. Junge Menschen pflegen intensiven Kontakt über soziale Medien. Vor dem Handyzeitalter traf man sich nachmittags am Baggersee und hat abends kurz telefoniert, bis es den Eltern zu teuer wurde. Heute ist es ein permanenter Austausch, das erzeugt auch Druck.
Wie stellen Sie das in einer Ausstellung dar?
Wir zeigen ein eigens produziertes Video, in dem Jugendliche erzählen, wie sie Freundschaft erleben, ob sie den ständigen Kontakt als Stress empfinden. An vielen Stationen befragen wir die Besucher zu ihren Vorstellungen: Würden Sie für einen Freund lügen? Ihn pflegen? Sich um seine Kinder kümmern?
Für so etwas war mal die Familie zuständig.
Genau. Die Erwartungen an Freunde und Freundschaft haben zugenommen. Wenn das so bleibt, sollte man auch über entsprechende gesellschaftliche Rahmenbedingungen nachdenken.
Martina Padberg
Zum Beispiel?
Das Auskunftsrecht im Krankenhaus gilt bislang nur für Verwandte.
Was lernt man in der Ausstellung?
Wir wünschen uns, dass die Besucher über ihre Freunde nachdenken. Was bedeuten sie mir? Wie viel Nähe brauche ich?
Haben wir heute mehr Freunde als früher?
Soziologen sagen, dass die Zahl unserer engen Vertrauten immer gleich geblieben ist, etwa vier bis fünf. Das hat sich auch durch soziale Medien nicht verändert. Das sind die, denen wir Geheimnisse erzählen, Zweifel und Unsicherheiten mitteilen. Der Kern einer Freundschaft ist, sich zu öffnen, etwas preiszugeben.