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Man lebt sein Leben, und manchmal lebt es einen. Ob man dabei etwas lernt und am Ende gar weise wird? Die Journalistin Heike Faller hat sich dieser Frage auf eine ebenso anregende wie anrührende Weise gewidmet und ein Buch daraus gemacht: „Hundert. Was du im Leben lernen wirst“. Da sie selbst nicht die eine, fertige Antwort parat hatte, hat sie viele Menschen aus den verschiedensten Lebenslagen und -stufen befragt. Die schönsten Einsichten hat sie dann dem italienischen Illustrator Valerio Vidali gegeben, damit er zu jedem von ihnen eine Doppelseite gestaltet. Entstanden ist so ein Bilderbuch für Erwachsene, in dem man aus dem Hin- und Herblättern nicht herauskommt. Dabei kann man den Lebensweg vor- und zurückgehen und darüber staunen, was die eigene Existenz wirklich ausmacht.
Gibt es Dinge, die du gern anders gemacht hättest? – Es gibt Jahre, da ist alles schwierig. – Ob dir etwas gefällt, weißt du manchmal erst, wenn du es tust. – Du hast dich an die Welt gewöhnt. Oft beachtest du nicht mal den Mond. – Du akzeptierst deine Eltern, wie sie sind. – Es wächst sich am besten zwischen zwei Zuständen. – Du lernst, Dinge zu verlernen…
Der Theologe in mir konnte nicht umhin, als nach religiösen Spuren in diesen Lebenssprüchen und -bildern zu suchen. Das Buch wirkt ja wie eine gute Predigt: klärend, tröstend, orientierend, öffnend. Direkte Bezüge aber habe ich keine gefunden – bis ich die letzten Seiten aufschlug. Da stand der 99. und letzte Satz: „Hast du irgendwas im Leben gelernt?“ Und dazu das Bild von einem Schmetterling – im antiken Christentum ein Symbol für die Seele, die so zart und verletzlich ist, die sich verpuppt und verwandelt, die als Larve scheinbar stirbt und sich dann als schönstes aller Tiere in die Lüfte erhebt und davon flattert.
P.S.: In Hamburg gibt es gerade eine sehr schöne Ausstellung zeitgenössischer Kunst in fünf Innenstadtkirche: „hinsehen.reinhören". Der NDR hat dazu einen schönen 15minütigen Film gedreht.