Kruzifix im Klassenzimmer
epd-bild/Annette Zoepf
Der 1. Juni 2018 bleibt Markus Söder gewiss noch lange in Erinnerung: Sein umstrittener Kreuzerlass ist in Kraft getreten und in Rom traf der Ministerpräsident Papst Franziskus. Derweil reißt die Kritik in Bayern nicht ab.
01.06.2018

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat am Freitag Papst Franziskus im Vatikan getroffen - just an dem Tag, an dem die umstrittene Kreuzpflicht in Bayern in Kraft getreten ist. Franziskus empfing Söder in Audienz, wie der Vatikan am Freitag nach dem Treffen mitteilte, ohne zunächst Einzelheiten über die Begegnung bekanntzugeben. Zuvor war spekuliert worden, dass auch Söders Kreuzerlass Thema bei der Audienz sein werde. Danach müssen seit 1. Juni im Eingangsbereich der Dienstgebäude des Freistaats Kreuze angebracht sein.

SPD: Viele Christen sind empört

Die Opposition, die seit Tagen die Kreuzpflicht heftig kritisiert, legte am Freitag nach: "Ein souveräner Ministerpräsident würde den Fehler einräumen und den Erlass zurücknehmen", sagte die bayerische SPD-Chefin Natascha Kohnen der "Augsburger Allgemeinen" (Freitag). Söder habe das Kreuz für ein Wahlkampf-Manöver für die Landtagswahl im Oktober missbraucht. "Das hat mich wie viele andere Christinnen und Christen empört."

Auch Landtagsvizepräsidentin Ulrike Gote von den Grünen sprach sich dafür aus, die Kreuz-Pflicht wieder abzuschaffen. "Wir gehen davon aus, dass der Kreuz-Erlass verfassungswidrig ist", sagte sie der Zeitung. Der CSU-Regierung sei dies wohl selbst bewusst. Daher nehme die Staatsregierung weder Kontrollen noch Sanktionen vor und flüchte sich jetzt in Ausnahmen von der Regel.

Der FDP-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Martin Hagen, kritisierte Söder ebenfalls: "Unbestritten bereichert ein Handeln nach dem christlichen Menschenbild auch im säkularen Staat des 21. Jahrhunderts die Politik." Wer allerdings den Rückweg zur Vermengung von Staat und Kirche in Amtsstuben markieren wolle, der nutze weder Staat noch Kirche, weder Bürgern noch Gläubigen. "Jedes Kreuz in jeder Amtsstube ist ein Fall von Amtsanmaßung - und der administrative Erlass dazu umso mehr."

Eva Bulling-Schröter, Spitzenkandidatin der bayerischen Linken, bezeichnete den Kreuzerlass als "Instrumentalisierung des Christentums", die "widerlich" sei. "Religiöse Symbole per Zwang zu verordnen, widerspricht unserem Recht der religiösen Selbstbestimmung." Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken-Fraktion im Bundestag, Jan Korte, sprach von einem "Affentheater" und "gesellschaftlicher Klimavergiftung durch die CSU".

Söder: Völlig angemessen

Söder, der in Rom auch den aus Bayern stammenden emeritierten Papst Benedikt XVI. besuchen wollte, verteidigte am Freitag seine Entscheidung: Das Kreuz sei natürlich zuerst ein religiöses Symbol, aber eben auch ein Symbol für Identität. Bereits jetzt hingen in Gerichtssälen und in Schulen Kreuze - "insofern ist das eine, wie ich finde, völlig angemessene Sache". Bewusst solle es keinen Zwang geben, "aber wir haben die klare Vorschrift und Empfehlung", sagte Söder im Radiosender Bayern 2.

Rückendeckung gab es am Freitag vom Sprecher des Forums der ChristSozialen Katholiken (CSK) in der CSU, Thomas Goppel. "Kreuze in Bayern sind Nachweise für unsere Identität und unser Selbstverständnis." Bayerns Wurzeln fußten auf den Kernaussagen des jüdisch-christlichen Abendlandes, des Humanismus und der Aufklärung. Er wehre sich dagegen, dass aus einem bewährten Bekenntnis zum "Signet der uneingeschränkten Menschenwürde" ein Ausgrenzungssymbol kreiert werden soll, das nur Unwissende so bezeichnen könnten, sagte Goppel.

Ende April hatte die bayerische Staatsregierung beschlossen, die allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats zu ändern. Im Paragraf 28 heißt es nun: "Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen." Gemeinden, Landkreisen und Bezirken bleibt es selbst überlassen, ob sie ein Kreuz aufhängen, laut Staatskanzlei wird ihnen aber empfohlen, entsprechend zu verfahren. Betroffen vom Kreuzerlass sind mehr als tausend Dienstgebäude.

Ausgenommen sind die Bereiche Wissenschaft und Kunst - also Museen, Hochschulen, Theater oder Opernhäuser. Wo und wie die Kreuze angebracht werden, soll den Behördenleitern überlassen sein. Kontrollen, ob tatsächlich Kreuze aufgehängt werden, sind aber nicht geplant. Neben der Opposition gab es auch aus den Kirchen kritische Töne gegen den Kreuzerlass. Der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm etwa sagte, das Kreuz sei "das Zeichen unseres Herrn und Heilands Jesus Christus" und nicht unterschiedlicher politischer Überzeugungen.

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