- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
Einen Künstlerroman zu schreiben, das ist für Autoren eine Möglichkeit der Selbstvergewisserung und des Eintauchens in entfernte Epochen. Nach seinem Thomas-Mann-Roman "Königsallee" nähert sich Hans Pleschinski in "Wiesenstein" der schillernden, umstrittenen Figur des Nobelpreisträgers Gerhart Hauptmann und schildert das Kriegsende 1945 aus ungewöhnlicher Perspektive. Hauptmann und seine Frau verlassen das zerstörte Dresden, wollen Zuflucht finden in ihrem luxuriösen Anwesen "Wiesenstein" im Riesengebirge. Eine Reise nach Osten, gewissermaßen in die "falsche" Richtung zu jener Zeit. Pleschinski macht daraus eine Auseinandersetzung mit der Rolle eines großen Dichters in der NS-Zeit und mit dem, was Flucht und Aufgabe der Heimat bedeuten.
Klaus Modick, der zuletzt seinen vielgelesenen Worpswede-Roman "Konzert ohne Dichter" vorlegte, widmet sich dem baltischen Grafen Eduard von Keyserling, dessen feine, impressionistische Erzählungen (wie "Wellen") in den letzten Jahren neu entdeckt wurden. Modick führt in die Schwabinger Bohème der Jahre 1900/01 und zeigt einen 45-jährigen, an Syphilis erkrankten, damals noch am Rande der Literaturszene stehenden Schriftsteller. Lovis Corinth malt ihn am Starnberger See, ein düsteres, ungeschminktes Porträt. Darum geht es in diesem atmosphärisch dichten Roman, auf der Spur eines "Geheimnisses", das den Studenten Keyserling einst zwang, die Universität in Dorpat zu verlassen.